Nachschlag zum Artikel Nebenverdienst

NachschlagNachschlag zum Nebenverdienst

Bereits unser erster Artikel zu dem Thema Nebenverdienst bot eine kleine Informationsflut. Auf Grund der Komplexität des Themas haben wir uns entschieden, in Form eines Nachschlags die weiteren Details darüber zu liefern. Denn genau genommen könnte das Förderprogramm, das dem ganzen Spektakel zugrunde liegt, zumindest teilweise rechtlich zweifelhaft sein.

Nachschlag – Die Rechtsgrundlage des Programms

Das JobCenter Essen nennt in seinem Schreiben den § 16f SGB II als Rechtsgrundlage für das Förderprogramm. Des besseren Verständnisses halber wollen wir diesen erst einmal zitieren:

§ 16f SGB II Freie Förderung
(1) Die Agentur für Arbeit kann die Möglichkeiten der gesetzlich geregelten Eingliederungsleistungen durch freie Leistungen zur Eingliederung in Arbeit erweitern. Die freien Leistungen müssen den Zielen und Grundsätzen dieses Buches entsprechen.

(2) Die Ziele der Leistungen sind vor Förderbeginn zu beschreiben. Eine Kombination oder Modularisierung von Inhalten ist zulässig. Die Leistungen der Freien Förderung dürfen gesetzliche Leistungen nicht umgehen oder aufstocken. Ausgenommen hiervon sind Leistungen für

1. Langzeitarbeitslose und
2. erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen besonders erschwert ist, bei denen in angemessener Zeit von in der Regel sechs Monaten nicht mit Aussicht auf Erfolg auf einzelne Gesetzesgrundlagen dieses Buches oder des Dritten Buches zurückgegriffen werden kann.

Bei Leistungen an Arbeitgeber ist darauf zu achten, Wettbewerbsverfälschungen zu vermeiden. Projektförderungen im Sinne von Zuwendungen sind nach Maßgabe der §§ 23 und 44 der Bundeshaushaltsordnung zulässig. Bei längerfristig angelegten Förderungen ist der Erfolg regelmäßig zu überprüfen und zu dokumentieren.

Nachschlag – die Einschränkung

Ob das Förderprogramm wirklich den Zielen und Grundsätzen des SGB II entspricht, ist unserer Auffassung nach durchaus zweifelhaft. Denn § 1 Abs. 2 Satz 1 SGB II besagt:

Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und Personen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, stärken und dazu beitragen, dass sie ihren Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können.

Die Förderung einer Beschäftigung im Niedriglohnsektor, die weiterhin den ergänzenden Bezug von Leistungen bedeutet, kann somit nicht den Vorgaben des § 1 SGB II entsprechen. Womit eine Förderung rechtswidrig wäre.

Zwar besagt § 10 Abs. 1 Halbsatz 1 SGB II (Zumutbarkeit), dass einer erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person jede Arbeit zumutbar ist. Und dafür gibt es nur sehr wenige gesetzlich verankerte Ausnahmen. Nur muss man sich in diesem Zusammenhang die Frage stellen, welches Rechtsgut höher zu bewerten ist.

Und ob das Programm, das eine Beschäftigung in den Niedriglohnsektor propagiert, wirklich Wettbewerbsverzerrungen vermeidet, mag ebenfalls dahingestellt bleiben. Und müsste ggf. gerichtlich geprüft werden. Auszuschließen sind sie keinesfalls.

Die Mentalität des JobCenters Essen im Nachschlag betrachtet

Ein kleinen weiteren Nachschlag müssen wir auch noch einbringen. Dass sich die Mentalität des JobCenters Essen gegenüber seinen Kunden immer noch nicht gebessert hat, zeigt die Wortwahl im Anschreiben:

Nach den gesetzlichen Vorschriften sind Sie verpflichtet, alles zu tun, um die Dauer der Hilfebedürftigkeit oder den Umfang der Hilfebedürftigkeit zu vermindern.

Dieser Satz ist zwar formaljuristisch korrekt. Jedoch selbst der Gesetzgeber hat die Zeichen der Zeit erkannt und wählt seit der Änderung im Jahr 2011 den Ausdruck Leistungsberechtigte in § 7 SGB II anstelle von Hilfebedürftige. Warum arbeitet das JobCenter Essen immer noch mit veralteten Textbausteinen? Die wie so oft lediglich eine Wiedergabe eines Gesetzestextes enthalten. In diesem Fall § 9 SGB II, mit dem lediglich aber die Kriterien der Hilfebedürftigkeit geregelt werden.

Es wäre so ein Leichtes zu schreiben: um die Dauer der Leistungsberechtigung. Aber das passt scheinbar nicht in die Denkweise!

Überheblichkeit ist der sicherste Weg zum Scheitern. William Butler Yeats (1865 – 1939), irischer Dramatiker

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