Desaster für Leistungsberechtigte – Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs
Am heutigen Mittwoch, den 04. Februar hat der Bundesgerichtshof (BGH) unter dem AZ VIII ZR 175/14 ein für SGB II-Leistungsberechtigte vernichtendes Urteil gefällt, das tatsächlich ein Desaster für den Sozialstaat ist. Denn durch dieses Urteil wird der staatlichen Willkür der Sozialleistungsträger (JobCenter) ein weiteres Tor geöffnet.
Desaster – Das Urteil
Im konkret verhandelten Fall ging es darum, dass ein Leistungsberechtigter eine der Einschätzung des Sozialamtes nach zu teure Wohnung hatte. Deshalb zahlte das Sozialamt sechs Monate lang die Miete nicht und der Mieter bekam die Kündigung. Gegen diese wehrte er sich nun leider erfolglos vor dem BGH.
Da leider noch keine weiteren Pressemitteilungen des BGH vorliegen, müssen wir auf die Berichterstattung des Onlineportals des JuraForums zurückgreifen:
Karlsruhe (jur). Erhalten Sozialhilfeempfänger wegen eines Rechtsstreits mit dem Sozialamt zunächst nicht die Miete gezahlt, kann der Vermieter wegen aufgelaufener Mietschulden die Wohnung kündigen. Die Mietkündigung ist auch bei unverschuldeter Geldnot des Mieters gerechtfertigt, urteilte am Mittwoch, 4. Februar 2015, der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe (Az.: VIII ZR 175/14).
Damit wies der VIII. Zivilsenat des BGH die Klage eines Mieters aus dem Kreis Mettmann ab. Der Mann wohnt seit Dezember 2010 in einer 140 Quadratmeter großen Wohnung und muss dafür 1.100 Euro Miete monatlich zuzüglich Nebenkosten zahlen. Seit 2013 hatte der damalige Hartz-IV-Bezieher die vom Jobcenter überwiesene Miete nicht an den Vermieter weitergeleitet.
Als der Vermieter wegen aufgelaufener Mietschulden die Wohnung fristlos kündigte und Räumungsklage erhob, verpflichtete sich das Jobcenter nach einer entsprechenden Entscheidung des Sozialgerichts, die Mietschulden zu übernehmen.
Als dann ab Juli 2013 das Sozialamt für den Mann zuständig wurde, ging der Streit um die Mietkostenübernahme weiter. Der Mann beantragte rechtzeitig neben der Sozialhilfe auch die Übernahme der Wohnkosten. Die Sozialbehörde lehnte die Mietkostenübernahme wegen der Miethöhe und der zu großen Wohnung ab.
Das Sozialgericht verpflichtete die Sozialbehörde zwar per einstweiliger Anordnung, für den Zeitraum September 2013 bis Juni 2014 die Miete zu zahlen. In der Zwischenzeit hatte der Vermieter die Wohnung jedoch erneut fristlos gekündigt und Räumungsklage erhoben. Es waren zudem weitere Mietrückstände hinzugekommen.
Der Mieter hielt die Wohnungskündigung für unwirksam. Er sei unverschuldet in die Mietrückstände hineingeschlittert. Als Schuldner komme er nach den gesetzlichen Bestimmungen nur in Verzug, wenn er das Ausbleiben der Leistung zu vertreten hat. Hier habe aber die Sozialbehörde die nicht gezahlte Miete zu verantworten.
Dies überzeugte den BGH jedoch nicht. Der Mieter sei mit seinen Mietzahlungen in Verzug geraten, auch wenn er die Sozialleistungen beim Sozialamt rechtzeitig beantragt hatte. Mietschulden seien mit Geldschulden vergleichbar. Bei Geldschulden müsse der in wirtschaftliche Bedrängnis geratene Schuldner auch dann für die Folgen verspäteter Zahlung geradestehen, „wenn sie auf unverschuldeter Ursache beruhen“, so der BGH.
Jedermann habe danach „ohne Rücksicht auf sein Verschulden für seine finanzielle Leistungsfähigkeit“ unbeschränkt mit seinem Vermögen zu haften. „Geld hat man zu haben“, so der BGH mit Blick auf die Zahlungsverpflichtung von Mietern.
Mit den Mietrückständen habe hier auch ein wichtiger Grund für die Mietkündigung vorgelegen, betonten die Karlsruher Richter.
Quelle: © www.juragentur.de – Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage
Desaster – Auswirkungen für Leistungsberechtigte
In der Urteilsbegründung liegt eine nicht von der Hand zu weisende Gefahr für Leistungsberechtigte. Denn die JobCenter könnten dieses Urteil dazu nutzen um dahin überzugehen, die Miete in Streitfällen erst einmal solange nicht zu übernehmen, bis der Leistungsberechtigte die Kündigung bekommt und laut diesem Desasterurteil für die dadurch entstandenen Schulden vollumfänglich haftet. Zwar dürften diese Schulden ggfs. bis zur Höhe der angemessenen Miete über den sozialrechtlichen Wiederherstellungsanspruch vom JobCenter zurückzuholen sein. Was jedoch in der Praxis jedoch erst einmal einen jahrelangen Rechtsstreit vor den Sozialgerichten bedeuten dürfte. Und ob dem Leistungsberechtigten Nachteile durch evtl. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch den dann ehemaligen Vermieter drohen, dürfte die JobCenter im Hinblick auf dieses Urteil, das tatsächlich ein Waterloo für alle Leistungsberechtigten ist, nicht interessieren. Sie sind fein heraus und dürften ihre Hände in Unschuld waschen.
Er wartete auf Rechtsspruch,
siehe, da war Rechtsbruch.Die Bibel Jesaja 5.7