SGB II-Leistungsbeziehern kann bei krankhaftem Untergewicht ein Mehrbedarf zustehen
Bei krankhaftem Untergewicht kann ein Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung beim JobCenter geltend gemacht werden. So urteilte das Sozialgericht Gießen unter dem Aktenzeichen 22 AS 866/11 WA und traf damit eine richtungweisende Entscheidung.
Aufgrund einer pulmonalen Kachexie hatte ein Mann, der aus einer Gemeinde im Wetterau-Kreis stammt, Mehrbedarf beantragt. Das zuständige JobCenter versagte den beantragten Mehrbedarf jedoch. Und dies, obwohl dem JobCenter ein entsprechendes Attest zu dieser Erkrankung des 56-jährigen Mannes von seinem Hausarzt vorlag. Bei einer Körpergröße von 184 cm wog dieser nur noch 55 kg. Das JobCenter begründete seine Ablehnung damit, dieses sei überhaupt keine Erkrankung. Zumindest falle diese nicht unter die Erkrankungen, die einen Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung rechtfertigen würde. Zudem stütze sich die Behörde dabei auf einen Satz aus einem bestehenden amtsärztlichen Gutachten.
Zur Erklärung: Bei der pulmonalen Kachexie handelt es sich um eine Erkrankung, die eine schwere Form der Abmagerung mit Auswirkungen auf die Lungenleistung ist. Um gegen diese Krankheit erfolgreich angehen zu können, sind die daran Erkrankten auf eine besonders kalorienreiche Ernährung angewiesen. Was einen zusätzlichen Kostenfaktor bedeutet.
Im Gegensatz zu der Auffassung des JobCenters kam die Kammer des SG Gießen zu der Entscheidung, daß es sich im vorliegenden Fall sehr wohl um eine Krankheit handelt. Und somit ein Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung gerechtfertigt ist. Denn nur so ließe sich nach der Ansicht des SG Gießen ein Fortschreiten der Krankheit verhindern. Es verwies hierbei auf eine Empfehlung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zur Gewährung von Krankenkostenzulagen in der Sozialhilfe. Danach könne bei einem Body-Mass-Index (BMI) von unter 18,5 und fortschreitenden Gewichtsverlust als Folge einer Erkrankung regelmäßig von einem erhöhten Ernährungsbedarf ausgegangen werden.
Der BMI des Mannes lag aktuell bei 16,2 und der Kläger hatte innerhalb von vier Monaten 5 kg abgenommen. Somit sein nach der Beurteilung des Sozialgerichtes alle Kriterien für die Gewährung eines Mehrbedarfes für kostenaufwendige Ernährung erfüllt. Das JobCenter muss nunmehr ermitteln, in welcher Höhe Mehrkosten zu gewähren sind.
Leider legte das Gericht keinen konkreten Satz fest, sondern delegierte die Zuständigkeit an das JobCenter. Dennoch hat dieses Urteil unserer Einschätzung nach richtungweisenden Charakter. Sollte es hier in Essen Betroffene geben, so werden diese gebeten, sich an eine unserer Rechtsberatungen zu wenden. Die mit uns kooperierenden Fachanwälte für Sozialrecht können ihnen ggf. von dort aus helfen.
Das Urteil im Volltext finden interessierte Leser hier:
Krankhaftes Untergewicht kann zu Mehrbedarf führen
Es muss nicht immer Kaviar sein ,aber 4,86 Euro am Tag für Nahrung und Getränke sind für eine gesunde Ernährung zu wenig.
Da die Ernährung die beste Möglichkeit für eine Gesundheitsvorsorge ist , wird sich in Zukunft zeigen das Erkrankungen durch eine Mangelernährung zunehmen werden.
Ein Betrag von 10 Euro am Tag wäre sicher nicht zuviel verlangt.
Soll der Lohnsklave doch belastbar und biegsam sein, so das man ihn länger ausnutzen kann.
Genau die Frage habe ich mir auch gestellt. Ich lebe alleine und bekomme folglich 446 Euro Regelsatz pro Monat. Davon sollen jetzt 5,16 Euro täglich für Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke und Tabakwaren sein. Das soll eine „vollwertige gesunde Kost“ ermöglichen. Dass das nicht genügt, liegt auf der Hand. Ich hoffe so sehr, dass sich die Politik bald ändert und man uns ein menschenwürdiges Leben ermöglicht. Der wissenschaftliche Beirat des Landwirtschaftsministeriums hat jetzt sogar festgestellt, dass die Grundsicherung für eine gesundheitsfördernde Ernährung nicht ausreicht! Leider sieht es unser Bundesarbeitsministerium offenbar anders. Ich bin selbst stark untergewichtig und habe keinen Mehrbedarf bekommen und Widerspruch erhoben. Dann habe ich mich doch mit dem Jobcenter geeinigt. Es ist echt traurig, dass man für sein Recht so kämpfen muss. Genau habe ich das alles nicht verstanden, aber mir helfen lassen…