Bundesregierung verrechnet sich bei der Kinderarmut

Nicht nur Regieren auch Rechnen will gelernt sein

Die Bundesregierung halbiert versehentlich die Zahlen zur Kinderarmut, die das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) nun korrigiert hat.

Nachdem wir kürzlich über die zunehmende Kinderarmut in Deutschland berichtet haben, fand das Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) nun heraus, daß der Bundesregierung ein Fehler unterlaufen ist. Auf die Kleine Anfrage der Linke-Fraktion im Bundestag, erstellte die Bundesregierung die Drucksache 17/14521 vom 8. August 2013. Bei der Benennung der konkreten Zahlen zur Kinderarmut für das Jahr 2010 kam es dann zu dem Rechenfehler.

In dieser Drucksache wurde eine Zahl von rund 1,1 Millionen von Armut betroffener Kinder unter 18 Jahren benannt. Zitat aus der Drucksache:

„Rund eine Million Kinder unter 18 Jahren waren 2010 in Deutschland armutsgefährdet, bei Kindern unter 18 Jahren mit Migrationshintergrund betrug die Quote mehr als 50 Prozent.“

Wie sich nunmehr herausstellte, stimmten diese Zahlen nicht. Das BMAS hat dem Deutschen Bundestag am 3. September 2013 eine geänderte Fassung der Drucksache zugeleitet. Die geänderte Fassung der Antwort der Bundesregierung wurde gestern am 17. September 2013 vom Deutschen Bundestag veröffentlicht. Nunmehr heißt es:

„Relativ gesehen sind Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund besonders häufig von Armutsgefährdung betroffen. Diese weisen sich nach den Angaben des Mikrozensus 2010 eine Armutsgefährdungsquote von 30 Prozent auf. Hingegen sind Kinder ohne Migrationshintergrund und nur zu 12,9 Prozent armutsgefährdet. In absoluten Zahlen waren im Jahr 2010 jeweils rund 1,1 Millionen Kinder unter 18 Jahren mit und ohne Migrationshintergrund armutsgefährdet.“

Ergo sprechen wir über 2,2 Millionen Kinder, die im Jahre 2010 von Armut bedroht waren. Denn jeweils 1,1 Millionen Kinder addiert ergibt nun einmal 2,2 Millionen! Nun ja, bei eine Bundesregierung die gewohnt ist in Größenordnungen von Milliarden zu denken, kann ein gutes Milliönchen schon mal unter den Tisch fallen.

Kinderarmut ist kein Wahlthema

Eine aktuelle Meldung des Deutschen Bundestages, die an die Mainstreampresse weitergeleitet wurde, sucht man vergeblich. Dieses gebietet sich in Zeiten des Wahlkampfes wohl nicht, obwohl die etablierten Parteien die Verantwortung dafür tragen. Schließlich lassen sich mit dem Thema Kinderarmut in Deutschland keine Wählerstimmen gewinnen.

Hinzu kommt, daß dieses Problem seitens der etablierten Parteien seit Jahren totgeschwiegen wird, denn sie haben durch die Sozialkürzungen der letzten Jahrzehnte dieses Problem überhaupt erst geschaffen. Egal ob Rot-Grün, die Große Koalition und zuletzt die schwarz-gelbe Koalition die Bundesregierung stellten oder aktuell noch stellen. Alle etablierten Parteien waren an der Einführung der Agenda 2010 und des Rechtskreises SGB II im Jahr 2005 (im Volksmund Hartz4 genannt) im Bundestag oder Bundesrat aktiv beteiligt und können sich da auch nicht herausreden.

Wir sehen die in unserem letzten Artikel Kinderarmut in Deutschland so hoch wie noch nie benannte Dunkelziffer nunmehr bestätigt und sind uns nicht sicher, ob diese nicht tatsächlich noch höher ist.

Für Interessierte hier noch der Link zu der Pressemitteilung des BIAJ Bremen:
BIAJ-Kurzmitteilung

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