Xpider – George Orwell lässt grüßen!

xpiderXpider – George Orwell hatte wohl doch Recht!

Als George Orwell im Jahr 1948 sein Buch 1984 veröffentlichte, hatte er wohl eine Vorahnung darüber, was wenige Jahrzehnte später in Deutschland dank moderner Technik Realität ist.

Wie wir schon in unserem Artikel zur Internetbeobachtung angedeutet hatten, existiert bereits eine Software zur Überwachung des Internethandels. Die jederzeit auf SGB II-Leistungsberechtigte angewendet werden könnte. Hier nun die Details.

Dazu hat uns die Redaktion von Spiegel-Online dankenswerterweise gestattet, ihren Artikel über diese Software unverändert zu übernehmen:

Ebay und Co.: Wie der Staat im Netz nach Steuersündern fahndet

Die Bundesagentur für Arbeit will Hartz-IV-Empfänger im Internet kontrollieren und hat auch schon die richtige Behörde für den Job ausgemacht: das Bundeszentralamt für Steuern. Dort läuft bereits ein Netz-Scanner und liefert Daten an Finanzämter.

Hamburg – Die Bundesagentur für Arbeit will Empfängern von Arbeitslosengeld II im Internet nachspüren. Einkünfte aus dem Online-Handel und möglicher Leistungsmissbrauch sollen so aufgedeckt werden. Das Ausschnüffeln könnte das Bundeszentralamt für Steuern übernehmen, findet zumindest die Arbeitsagentur. Schließlich durchforstet das Zentralamt das Internet schon jetzt nach verdächtigen Steuersündern.

Eine Software sucht seit mehreren Jahren automatisch im Internet nach Online-Händlern. Plattformen wie Ebay werden dazu nach Hinweisen auf unternehmerische Tätigkeiten abgegrast, erklärt Annika Deitmer, die Sprecherin des Bundeszentralamts. Mehr als 100.000 Seiten jeden Tag waren das bereits vor einigen Jahren. Wie viele Plattformen überwacht werden, will die Behörde nicht verraten. Soziale Netzwerke sollen aber nicht dazugehören.

Gesetzliche Grundlage für Hartz-IV-Überwachung fehlt – noch

Xpider heißt die Staatssuchmaschine. Aus Datenschutzgründen betreibt sie das Zentralamt selbst. Findet Xpider zum Beispiel bei Ebay einen Verkäufer aus Deggendorf, der jede Menge Neuware anbietet, wird dieser Treffer näher untersucht. Hat der Verkäufer eine Umsatzsteuernummer? Dazu greift die Software auf eine Datenbank namens USEG zurück, die vom Zentralamt betrieben wird. Die Bundesländer liefern dazu die Daten von umsatzsteuerlich registrierten Unternehmen.

Gibt es keinen Treffer in der Datenbank, zum Beispiel weil der Ebay-Nutzer einen Phantasienamen benutzt, geht der Datensatz als möglicher Verdachtsfall weiter an das entsprechende Bundesland zur näheren Prüfung. Dies geschieht automatisch über eine Schnittstelle des Steuerprogramms Elster. In den Bundesländern können dann weitere Schritte eingeleitet werden.

Das zuständige Finanzamt könnte Ebay im Anschluss auffordern, den Nutzer zu identifizieren. Das Steuergesetz, die sogenannte Abgabenordnung, sieht so eine Auskunft in Paragraf 93 Absatz 1 ausdrücklich vor. Die Finanzämter können aber auch an das Bundeszentralamt für Steuern zurückmelden, dass alles in Ordnung ist und Xpider beim selben Nutzer nicht wieder Alarm schlagen soll.

In der Vergangenheit schossen die Steuerfahnder schon mal mit Sammelabfragen übers Ziel hinaus. In Niedersachsen wollte eine Behörde umfassende Listen von Amazon haben – und verlor damit vor Gericht.

Wie viele Datensätze Xpider an die Bundesländer weiterreicht, kann die Behörde nach eigenen Angaben nicht sagen. Auch die Quote der tatsächlichen Steuersünder kennt das Bundeszentralamt nach eigener Aussage nicht, weil die Bundesländer dies nicht zurückmelden. „Eine statistische Erhebung findet nicht statt“, sagt Annika Deitmer.

Der Plan der Bundesagentur für Arbeit – mehr Überwachung im Internet – würde eine Gesetzesänderung voraussetzen, da ist man sich auch beim Zentralamt sicher. Eine weitergehende Datenweitergabe würde eine gesetzliche Grundlage voraussetzen.

Unser Fazit zu Xpider

Wie es den Beschreibungen von Spiegel-Online zu Xpider zu entnehmen ist, ist Xpider anscheinend von seiner Konzeption her für eine nahezu lückenlose Überwachung und auch Kontrolle des Internethandels geeignet. So eine Software mit diesen Möglichkeiten ist ein Beweis für die Installation eines Überwachungs- und Schnüffelstaates in Deutschland. Selbst bei allem Verständnis für eine gerechte Steuererhebung. Nicht nachvollziehbar erscheint uns, dass anscheinend noch kein durch sie „erwischter“ Steuersünder dagegen vor Gericht gezogen ist.

Sollten die Pläne der BA Realität werden und diese Software auch beim Ausspähen von Leistungsberechtigten nach dem SGB II zur Anwendung kommen, würden harte Zeiten auf diese zukommen.

Abschließend bleibt dennoch die Frage nach den Grundrechten und der Angemessenheit der Einschränkungen von diesen durch Gesetze. Hier wäre letztendlich das Bundesverfassungsgericht aufgerufen, so einen Verfassungsbruch zu stoppen. Denn nichts anderes wäre eine flächendeckende Überwachung von ALG II-Leistungsberechtigten beim Internethandel.

„In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als derjenige, der den Schmutz macht.“
Kurt Tucholski

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Eine Antwort zu Xpider – George Orwell lässt grüßen!

  1. @Der ARGE-Schreck sagt:

    Ich habe immer vor der Merkel gewarnt, die ein sonderbares Verhältnis zur Demokratie hat. Ein Zitat von ihr:

    „Denn wir haben wahrlich keinen Rechtsanspruch auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft auf alle Ewigkeit.“ .

    Ein weiteres ergibt sich sinngemäß ihrer Einstellung:

    „marktkonformen Demokratie“

    Was nichts anderes heißt, als das wir uns der Wirtschaft, der Hochfinanz und der EU (neo-liberal) zu unterwerfen haben. Ich nenne das Wirtschaftsfaschismus der Extra-Klasse.

    Auch wenn sie bis jetzt versagten, so frage ich mich weiterhin: Wo sind die Schlapphüte des Verfassungsschutzes, die eigentlich die Aufgabe hätten unsere Grundrechte zu schützen.