Ist der Ruf erst ruiniert, lebt’s sich gänzlich ungeniert

RufRuf oder Leumund – Was bedeutet der schon?

Wohl aufgrund des politischen und öffentlichen Druckes sahen sich die Herren Renzel (Sozialdezernent) und Klieve (Stadtkämmerer) genötigt, erneut medial Stellung zu dem BuT-Skandal in Essen zu nehmen. Dabei verbreiteten sie nur Halbwahrheiten.

Anscheinend schrecken sie bei ihren Rechtfertigungsversuchen vor nichts mehr zurück.

Ist der Ruf erst ruiniert, lebt´s sich gänzlich ungeniert

Anders kann man die Vorgehensweise der beiden oben genannten Herren wirklich nicht mehr beschreiben. In der Online-Ausgabe Der Westen vom 19.10.13 gaben diese Herren wieder einmal eine Vorstellung, die einfach nur die Bezeichnung Kasperletheater verdient.

Da stellt sich Herr Klieve hin und ruft medial den Essenern zu (Zitat):

Klieve nennt das eine „sehr engherzige Auslegung“ und kontert mit dem „Geld ist Geld“-Bonmot. „Wir haben über eine Milliarde Euro an Sozialtransfers im Jahr, 500 Millionen davon erhalten wir als Zuschuss.“ Anders gesagt: Man plündere das Paket nicht, sondern gebe die sieben Millionen ohnehin für Soziales aus.

Eine „sehr engherzige Auslegung“ muss in den Ohren der Kinder, denen dieses Geld vorenthalten wurde, wie Hohn klingen. Deshalb ist es wohl berechtigt, die Frage nach dem Herzen des Herrn Klieve zu stellen. Denn hätte er wirklich ein Herz für Kinder, dann würde er vor dem Hintergrund dieses Skandals nicht solch zynische Bemerkungen anbringen. Solch eine Aussage kratzt eindeutig an seinem Ruf. Aber anscheinend ist ihm seine Glaubwürdigkeit zweitrangig. Schließlich hat er ja einen gut dotierten Job, aus dem ihn niemand so schnell entfernen kann.

Darüber hinaus ist Geld eben nicht Geld. Hier wurde bewusst und vorsätzlich Geld auf dem Altar der Haushaltssanierung geopfert, obwohl es eindeutig zweckgebunden war.

Und darin liegt die eigentliche Unverfrorenheit. Ganz besonders deshalb, da die Betroffenen Kinder aus einkommensschwachen Familien kamen. Also die Schwächsten und Ärmsten der Essener Gesellschaft. Da hilft auch kein scheinheiliger Rechtfertigungsversuch, dass das Geld ohnehin in Soziales geflossen sei. Wo bitte bleibt dabei der Ruf nach sozialer Gerechtigkeit und Chancengleichheit für ohnehin benachteiligte Kinder? Hier in Essen verhallt er vollkommen ungehört.

Allem Anschein nach beteiligt sich die Mainstreampresse auch noch zu gerne daran. Denn der Ausdruck Bonmot in einem Artikel über so ein Thema ist völlig unangebracht. In dem betreffenden Fall stellt er keineswegs eine geistreiche, witzige oder situationsbezogene treffende Anmerkung dar. Es sollte einem der Anstand verbieten, in so einem Zusammenhang von Witz zu reden.

Aber wie so oft ist das mal wieder ein Beweis dafür, wie sehr SGB II-Leistungsberechtigte seitens der Mainstreampresse unterschwellig stigmatisiert und diskriminiert werden.

Ruf und Glaubwürdigkeit

Unser Sozialdezernent Herr Renzel genießt in Essen ohnehin nicht den besten Ruf. Wir erinnern nur an die zweimalige vorgegebene Panne des letzten Jahres, als allen SGB II-Leistungsberechtigten das ihnen rechtlich zustehende Geld zu spät ausgezahlt wurde. Damals gab Herr Renzel auch eine Vorstellung dazu, die nur noch bemitleidenswert war.

Vermutlich deshalb wagt er es sich, auch diesmal so scheinheilig vorzugehen, Zitat aus dem oben angeführten Artikel:

„Sie flossen bis auf den letzten Cent in Fördermaßnahmen der darauffolgenden Jahre“, bestätigt Sozialdezernent Peter Renzel.

Wie schizophren ist diese Aussage eigentlich? Zuerst bestätigt Herr Klieve, dass die Mittel in den allgemeinen Haushalt geflossen sein. Dann setzt Herr Renzel gleich dazu nach und behauptet genau das Gegenteil?

Hier wäre der Ruf nach der Staatsanwaltschaft angebracht! Zumal er der Öffentlichkeit einen wirklich verifizierbaren Beweis vorenthält. Hätte er seinen Ruf ohnehin nicht schon verloren, hätte er wahrscheinlich zumindest der Presse gegenüber entsprechende Unterlagen zu seiner Aussage vorgelegt.

Rettung könnte aber in Sicht sein

Das Landesarbeitsministerium beurteilt den Sachverhalt etwas anders, wir zitieren aus dem Artikel:

Gar so salopp handhabt man die Sache beim Landesarbeitsministerium, das die Mittel an die Kommunen weiterleitet, nicht. Die an die Stadt ausgezahlten Mittel müssten laut Gesetz „zweckentsprechend verwendet werden“, heißt es in einer schriftlichen Erklärung. Und weiter: „Hieraus entsteht zwangsläufig die Verpflichtung, dass nicht verauslagte Mittel für Aufgaben des BuT bereitgehalten werden müssen. Die Vereinnahmung im Kommunalhaushalt ist demnach zweckwidrig.“ Trotzdem forderte das Ministerium die sieben Millionen nicht von der Stadt zurück: „Vielmehr werden derzeit die rechtlichen Möglichkeiten geprüft, sicherzustellen, dass (nachträglich) eine zweckentsprechende Verwendung […] durch die Stadt Essen zu erfolgen hat.“

Bedauerlicherweise gibt auch die Erklärung des Landesarbeitsministeriums nichts wirklich konkret Greifbares her. Streng genommen sind das nur die in der Politik üblichen Phrasen. Daher sind wir sehr gespannt, wie das Landesarbeitsministerium seinen Worten Taten folgen lassen wird. Auf jeden Fall werden wir an der Sache dranbleiben. Im Übrigen waren wir in dieser Richtung auch nicht untätig, dazu aber mehr in weiteren Artikeln.

Klieves Ruf nach Dramatik

Leider müssen wir erneut zum besseren Verständnis aus dem Artikel zitieren:

Das könne man leicht garantieren, sagt Klieve. Denn Essen habe sich nach dem holprigen Anfangsjahr mustergültig darum gekümmert, dass das Geld aus dem Teilhabe-Paket von den Betroffenen beantragt wird. Mit der Folge, dass die Bundesmittel dafür schon in diesem Jahr nicht mehr ausreichen. Hier könne die Stadt nun rechtskonform auf die sieben Millionen zurückgreifen. „2014 werden wir diese Reserve aufgebraucht haben“, prophezeit Klieve. „Ab 2015 zahlen wir drauf.“

Wir erinnern an unseren Artikel Skandalöse Zustände in Essen beim Paket Bildung und Teilhabe in dem wir berichteten, dass die Stadt Essen die im letzten Jahr nicht verbrauchten Mittel aus dem BuT-Paket in Höhe von rund 3 Millionen Euro in das heurige Haushaltsjahr übertragen hat. Für dieses Jahr erhielt die Stadt nach unserem Kenntnisstand bisher rund 7,5 Millionen Euro an BuT-Mitteln über das Landesarbeitsministerium.

Daher standen für dieses Jahr also rund 10,5 Millionen Euro zur Verfügung. Dieser Betrag dürfte für dieses Jahr ausreichend sein. Hier muss die Stadt also aller Voraussicht nach entgegen Herrn Klieves ausgerufener Aussage nicht auf die 7 Millionen Euro aus 2011 zurückgreifen. Sondern könnte sie getrost auf das Haushaltsjahr 2014 übertragen.

Und ganz so dramatisch wie es Herr Klieve ausruft, dürfte es auch 2014 nicht werden. Denn er verschweigt der Öffentlichkeit, dass die Kürzung der BuT-Mittel durch den Bund nicht so heftig ausfallen wird. Im Moment ist es auf bundespolitischer Ebene im Gespräch, den bisherigen 5,4% Zuschlag für die erhöhte Bundesbeteiligung am Paket Bildung und Teilhabe auf 3,6% bis 3,8% für die kommenden Jahre abzusenken.

In Zahlen konkret ausgedrückt bedeutet es, dass die Stadt Essen auch in diesem Bereich zumindest für 2014 und 2015 jeweils mit einem jährlichen Zuschuss von 7 bis 7,38 Millionen Euro an Bundesmitteln rechnen kann.

Geht man davon aus, dass die Stadt Essen auch weiterhin ungefähr 10,5 Millionen Euro jährlich für BuT-Mittel brauchen wird und unterstellt folgerichtig, dass die 7 Millionen Euro aus 2011 immer noch zur Verfügung stehen, kommt man zu dem Ergebnis, dass es durchaus möglich ist, jeweils 3,5 Millionen auf das Haushaltsjahr 2014 und 2015 zu verteilen. Damit entständen also keinerlei Finanzierungslücken seitens der Stadt Essen für das Paket Bildung und Teilhabe. Soviel zum Ruf, bzw. der Glaubwürdigkeit eines Stadtkämmerers.

Der Ruf der Stadt Essen und unser OB

Verwundert sind wir in dieser ganzen Angelegenheit nur darüber, dass man bisher dazu von unserem Oberbürgermeister Herrn Reinhard Paß öffentlich kein Wort vernommen hat. Man sollte annehmen, dass es doch gerade ihm an der Wahrung des Rufes, bzw. der Glaubwürdigkeit der Stadtverwaltung Essen gelegen sein müsste.

Schließlich ist er deren oberster Repräsentant.

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Eine Antwort zu Ist der Ruf erst ruiniert, lebt’s sich gänzlich ungeniert

  1. Margot sagt:

    Es ist und war von Anfang an allen Beteiligten klar woher das Geld kommt, für welchen Zweck es bestimmt ist und was damit gemacht werden muss. Nunmehr zu behaupten das die Gründe bei uns, den Berechtigten liegen ist verlogen. Jeder Chef weiss was er an Mitteln hat, was damit gemacht werden soll und wer für die Umsetzung zuständig ist. Sich nun unwissend zu stellen und dann auch noch diese Mittel in die eigene Haushaltstasche zu führen und dann noch zu sagen man wisse nicht mehr genau wofür die Gelder eingesetzt wurden ist doch unverschämt. Vom Bund für die Kinder, an den Kindern vorbei ins Stadtsäckle? Ich glaube da stimmt was nicht. Warum hält das keiner vom Bund nach? Ich hätte noch Verständnis wenn die Kohle in Spiel Plätze investiert würde. Aber bitte nicht in marode Haushalte zum Löcher stopfen.