Altersarmut – Eine Schande für Deutschland

Altersarmut - Sie steigt und steigtAltersarmut – Sie steigt und steigt

Am 22. Oktober 2013 veröffentlichte das Statistische Bundesamt den jährlichen Mirkrozensus zur Altersarmut, der die entsprechenden statistischen Daten des Vorjahres präsentiert. So stieg die Altersarmut 2012 um 6,6% gegenüber dem Vorjahr an.

Dieser Wert ist durchaus als besorgniserregend einzustufen. Denn seit Jahren steigt die Zahl der Bezieher von Grundsicherung im Alter kontinuierlich.

In konkreten Zahlen standen Ende 2012 bundesweit 464.836 Menschen im Altersgrundsicherungsbezug. Ende 2011 waren es hingegen 436.210 Menschen. Einen Gesamtüberblick über den tatsächlichen Anstieg der Altersarmut seit dem Jahr 2003 gibt eine weitere Statistik.

Auch NRW ist deutlich davon betroffen

Laut den Zahlen, die das Statistische Bundesamt am 22. Oktober 2013 veröffentlichte, bezogen Ende 2012 126.098 Menschen in NRW Grundsicherungsleistungen im Alter. Damit ist NRW bundesweiter Spitzenreiter. Allerdings muß diese Zahl dahingehend relativiert werden, dass NRW das bevölkerungsreichste Bundesland überhaupt ist. Demnach ist es nur logisch, dass hier auch die Zahl so hoch ausfällt.

AltersarmutAltersarmut – Erschreckend sind die geldwerten Zahlen, die sich darin verbergen

Hierzu hat das Statistische Bundesamt ebenfalls eine Aufschlüsselung erstellt, die tatsächlich erschreckt.

Laut den dort verzeichneten Angaben betrug Ende 2012 bei Beziehern von Grundsicherung im Alter über 65 Jahre der sog. Bruttobedarf durchschnittlich 703 €. Als Bruttobedarf ist das Bruttoeinkommen zu verstehen, dass den betroffenen Personen zur Verfügung steht. Darin enthalten sind allerdings die anerkannten Kosten der Unterkunft, die bundesweit durchschnittlich 325,50 € betrugen. Diese Zahl sagt aber nichts darüber aus, ob hier noch Zuzahlungen aus eigener Tasche erfolgen. Dazu schweigt sich das Statistische Bundesamt aus.

Richtig gruselig wird es, wenn man sich in dieser Tabelle den Bereich angerechnetes Einkommen betrachtet. Das angerechnete Einkommen dürfte in diesem Fall überwiegend die eigene Altersrente der Betroffenen sein. Hier betrug der bundesweite Durchschnittswert Ende 2012 398 €.

Da man allerdings davon ausgehen kann, dass bei den angerechneten Einkommen auch noch Einkünfte aus Erwerbseinkommen mit hineinfließen, wird diese Zahl noch grausiger. Denn gemäß § 82 Abs. 3 S. 1 SGB XII bleiben nur 30% des Nebeneinkommens anrechnungsfrei, die restlichen 70% sind voll anrechnungsfähig. Leider weist aber das Statistische Bundesamt diese Zahlen nicht separat aus.

Zusammengefasst bedeutet das, dass es von den Durchschnittswerten her betrachtet Ende 2012 in der BRD 464.836 Menschen gab, die ein eigenes  Einkommen aus Rente und möglicher Erwerbstätigkeit in Höhe von 398 € hatten. Das ist der eigentliche Skandal. Und ein Teil des wahren Gesichts der Altersarmut.

Altersarmut - Wie hoch ist sie tatsächlichWie hoch ist sie tatsächlich?

Aber damit ist noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Das tatsächliche wahre Gesicht der Altersarmut erhält man nur, wenn man die Dunkelziffer mit hineinrechnet. Wie hoch die Dunkelziffer ist, weiß niemand so genau. Hierzu gibt es unterschiedliche Angaben, so geht der VdK davon aus, dass die Dunkelziffer genauso hoch ist, wie die offizielle Zahl. Was unserer Ansicht nach auch realistisch ist.

Warum so viele Menschen nicht die Leistungen beanspruchen, die ihnen zustehen, lässt sich nur vermuten. Sicherlich sind Scham und Unwissenheit ein Teil einer möglichen Erklärung dafür. Zudem dürfte es dabei eine Rolle spielen, dass in Teilbereichen des Sozialrechts die Regel Kinder haften für ihre Eltern gilt. Wahrscheinlich schrecken viele ältere Menschen vor der Beantragung von Grundsicherungsleistungen zurück, weil sie Angst haben, dass ihre Kinder herangezogen werden und für sie zahlen müssen.

Bitter ist es, dass wir somit über eine knappe Millionen Menschen reden, die im Alter in Armut leben. Menschlich gesehen bedeutet Altersarmut auch Vereinsamung, das darf man dabei nie vergessen! Hier stellen sich Deutschland und die deutsche Gesellschaft selber ein unvergleichliches Armutszeugnis aus!

Wie kann man sie verhindern?

Eigentlich nur durch die Einführung einer wirklich existenzsichernden Grundrente. Und zwar unabhängig von den erworbenen Rentenansprüchen. Denn für den Staat insgesamt ist es egal, in welches Sozialsicherungssystem er zusätzliches Geld pumpt.

Allerdings hätte eine aus Steuermitteln finanzierte staatliche Grundrente den großen Vorteil, dass die Kommunen deutlich entlasten würden. Denn sie tragen einen Großteil der Kosten der Unterkunft im Bereich der Grundsicherung im Alter.

Altersarmut -Sie kann uns allen blühen

Wie vielen vielleicht bekannt ist, werden seit dem Jahr 2011 bei ALG II-Beziehern keine Beiträge zur Rentenversicherung mehr abgeführt. Mit jedem Jahr Bezug verliert jeder SGB II-Leistungsberechtigte also Rentenansprüche. Gerade Langzeitarbeitslose trifft das besonders hart. Denn wie wir schon berichteten, beträgt der Anteil der über vierjährigen Bezugsdauer bei Hartz4 rund 50%.

Dazu kommen noch die vielen Millionen im Niedriglohnsektor Beschäftigten. Aufgrund ihres geringen Einkommens zahlen sie entsprechend wenig in die Rentenversicherung ein. Und erwerben deswegen auch nur sehr geringe Rentenanwartschaften. Hier kann man sich leicht ausrechnen, dass viele von ihnen daher auch von Altersarmut betroffen sein werden, sobald sie in Rente gehen.

Ein weiterer betrübender Negativrekord

Nicht unerwähnt lassen wollen wir, dass das Statistische Bundesamt auch die Anzahl der Menschen unter 65 Jahren erfasst, die wegen dauerhafter Erwerbsminderung ebenfalls Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII erhalten. Hierzu verweisen wir auf ein Zitat aus der Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes:

Neben den knapp 465.000 Empfängern von Grundsicherung im Alter über 65 Jahre gab es am Jahresende 2012 deutschlandweit rund 435.000 Empfänger von Grundsicherung wegen dauerhafter Erwerbsminderung. Damit bezogen am Jahresende 2012 knapp 900.000 volljährige Menschen in Deutschland Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII.

Das Perfide an dieser Zahl ist die Tatsache, dass sie eigentlich nur die nur die halbe Wahrheit ist. Denn seit 2003 stieg die Zahl der Grundsicherungsbezieher wegen dauerhafter Erwerbsminderung unter 65 Jahren von 181.097 auf nunmehr 435.010, wie aus der oben verlinkten Statistik zu entnehmen ist. Die nahezu Verdreifachung ist unser Ansicht nach eine Auswirkung unserer Leistungsgesellschaft. Immer mehr Menschen können mit dieser einfach nicht mehr mithalten.

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2 Antworten zu Altersarmut – Eine Schande für Deutschland

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  2. Thomas sagt:

    Es ist wirklich sehr traurig zu sehen, wieviele Menschen mittlerweile in die Altersarmut geraten, obwohl sie ihr lebenlang hart gearbeitet haben. Das darf einfach nicht sein und hier sollte sich grundlegend etwas ändern, damit die Menschen im hohen Alter ihr Leben noch genießen können und nicht Tag für Tag über ihre finanzielle Notlage nachdenken müssen.