Interessantes Urteil des BSG zur Eingliederungsvereinbarung

BSGDas Bundessozialgericht (BSG) fällt ein interessantes Urteil zur Eingliederungsvereinbarung, mit einer deutlichen Signalwirkung

Das Urteil vom 14. Februar 2013 des BSG (B 14 AS 195/11 R) bezieht sich auf die Zulässigkeit und Dauer einer Eingliederungsvereinbarung (§ 15 Abs. 1 Satz 3, 6 SGB II). Aus dem Urteil geht hervor, das ein Eingliederungsverwaltungsakt, der ohne Ermessenserwägungen eine von der gesetzlichen Regellaufzeit von sechs Monaten (gem. § 15 Abs. 1 Satz 3) abweichende Geltungsdauer von 10 Monaten anordnet, rechtswidrig ist.

Der 14. Senat des BSG nutzt außerdem die Gelegenheit, um sich von der Rechtsauffassung des 4. Senats (BSG 22.09.2009 – B 4 AS 13/09 R) abzusetzen.  Diese besagt, das die Handlungsformen „Vereinbarung“ und „Verwaltungsakt“ bei der Gewährung von Leistungen der Eingliederung in Arbeit gleichrangig sein. Dies sieht der 14. Senat des BSG anders. Nach seiner Auffassung liege vielmehr ein Vorrang der konsensualen Lösung gegenüber dem hoheitlichen Handeln nahe. Ein die Eingliederungsvereinbarung ersetzender Verwaltungsakt komme nur in Betracht, wenn der Grundsicherungsträger zuvor den Versuch unternommen habe, mit dem Arbeitssuchenden eine Vereinbarung zu schließen, oder im Einzelfall besondere, in dem Bescheid dazulegende Gründe vorliegen, die den Abschluss einer Vereinbarung als nicht sachgerecht erscheinen lassen.

Was heißt das nun konkret in verständlichem Deutsch?

Am Anfang steht das Gespräch – zumindest wenn SGB II-Leistungsbezieher sich auf eine vom JobCenter vorgeschlagene Eingliederungsvereinbarung einlassen sollen. Die Behörde darf den Arbeitslosen nur dann per Bescheid zu Maßnahmen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt verpflichten, wenn das Gespräch scheitert und der SGB-Leistungsberechtigte die Eingliederungsvereinbarung grundlos abgelehnt hat. Des Weiteren bedeutet dieses Urteil aber auch, daß sich der Leistungsträger den (Gegen)Vorschlägen oder Vorstellungen des Leistungsberechtigten gegenüber offen zeigen bzw. diese berücksichtigen muß. Kommt es dabei zu keiner gegenseitigen Einigung, darf der Leistungsträger die Verhandlungen als gescheitert betrachten und einen Eingliederungsverwaltungsakt erlassen.

Es entspricht der gängigen Praxis des JobCenters Essen, sehr schnell Eingliederungsverwaltungsakte zu erlassen. Die betroffenen Leistungsberechtigten haben nunmehr endlich eine Möglichkeit gegen diese Praxis vorzugehen. Dabei können sie sich auf das oben angeführte Urteil berufen.

Außerdem ist es bisher die übliche Masche des JobCenters Essen, auf den rückseitigen sonstigen Vereinbarungen (quasi also dem Kleingedruckten) folgende Formulierung aufzunehmen:

„Diese Eingliederungsvereinbarung behält grundsätzlich solange ihre Gültigkeit, solange Sie hilfebedürftig sind.“

Und genau damit ist jetzt rechtssicher Schluss. Die Begründungen unter Punkt 20 und 21 des Urteils B 14 AS 195/11 R besagen klipp und klar, daß die Geltungsdauer auf sechs Monate zu beschränken ist.

Allen Betroffenen, die sich gegen eine Eingliederungsvereinbarung, bzw. den sie ersetzenden Verwaltungsakt wehren wollen, raten wir daher, in einer unserer Rechtsberatungen vorstellig zu werden. Die mit uns kooperierenden Rechtsanwälte können dann die entsprechenden Eingliederungsvereinbarungen, bzw. Verwaltungsakte, im Hinblick auf dieses Urteil überprüfen und ggfs. rechtlich gegen diese vorgehen.

Das Urteil im Volltext finden interessierte Leser hier:
Urteil des Bundessozialgericht vom 14.02.2013

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95 Antworten zu Interessantes Urteil des BSG zur Eingliederungsvereinbarung

  1. Peter Beucher sagt:

    Vielleicht wäre die Sozialpädagogische Familienhilfe in Essen – Borbeck auch eine Möglichkeit um sich zu informieren .

  2. Pingback:Klage gegen Sanktion beim SG verloren! - Erwerbslosen Forum Deutschland (Forum)

  3. amende sagt:

    Hallo, ich habe vor 2 Monaten eine EGV unterschrieben, wo drin enthalten ist „Diese Eingliederungsvereinbarung behält grundsätzlich solange ihre Gültigkeit, solange Sie hilfebedürftig sind.“ Meine Frage: Komm ich da jetzt wierder raus oder habe ich meine Menschenwuerde jetzt fuer immer verloren? (Mir wurde gesagt, wenn ich das nicht unterschreiebe, dann wuerde ich garkeine Leistungen erhalten) Habe dafuer keine Zeugen und es waren insgesamt 2 Fallmanager/Mitarbeiter des Jobcenters im Raum. Habe auch schon laufende Sanktionen und musste zudem noch was ausfuellen, wovon sie schon von anfang an 39.90 Euro; also 10% einbehalten haben, da noch offene Vorderungen zu tilgen waren. (Davon habe ich noch nichtmal ne Kopie erhalten) Auch dies musste ich unterschreiben mit der gleichen Begruendung, dass ich sonst keine Leisungen erhalten wuerde. (mitlerweile weiss ich das es noetigungen waren, die ich aber wie gesagt: LEIDER nich beweisen kann, da ich keinen Beistand dabei hatte) Ich hoffe ihr koennt mir was positives dazu sagen, brauche unbedingt etwas Licht!

    • Hallo,
      wieso unterschreiben Sie eine EGV?
      Hierzu ganz dringend folgendes; hier liegt eine Täuschung
      im schriftlichen Rechtsverkehr vor. Unterschreiben Sie auch unwissentlich Ihr eigenes Todesurteil? sicherlich nicht.
      Niemand d a r f zu etwas gezwungen werden, etwas zu
      unterschreiben weder sonst noch etwas.
      Ganz wichtig ist: niemand muss etwas.
      Empfehlung von mir, immer genügend Leute als Zeugen
      mitnehmen, evtl. digitale Tonaufnahmen machen.
      Von allen Zeugen die das Gespräch mit verfolgt und gehört haben, schriftliches Protokoll anfertigen, und
      von allen anwesenden Zeugen unterschreiben lassen.

      Frage: hast Du diese unterschriebene EGV noch da?
      wenn ja, könntest Du mir diese als PDF zusenden?
      Mich interessiert der Inhalt der EVG.
      an:Lgsjaeger@gmx.net

  4. Peter Beucher sagt:

    Suchen Sie unbedingt eine Beratungsstelle von uns auf.
    Und nehmen Sie sämtliche Unterlagen mit, bevor die Problematik zu sehr eskaliert. Wir können hier nicht beraten. Hier wird nur grob über Probleme berichtet. Jeder Fall liegt etwas anders. Wichtig ist das Sie sofort reagieren um die Widerspruchsfristen einzuhalten.

    • amende sagt:

      Habe eine Beratungsstelle aufgesucht und war beim zuständigen Amtsgericht um einen Beratungsschein zubekommen. Wurde wieder weggeschickt, mit der Begründung vom Amtsgericht: „Ich würde nur einen Grund suchen“ und das ich aufpassen soll, mit dem was ich sage.. (Bezugnehmend der Erpressung und Nötigung seitens des Jobcenters) sonst könnte ich mir ganz schnell eine Verleumdungsklage einfangen. Sollte Zukünftig alles was das JC von mir verlangt machen! Ich bin der Meinung, dass das Amtsgericht und das JC unter einer Decke steckt… Habe Mittlerweile eine neue EGV hier liegen, da die andere schon mehr o. weniger abgelaufen ist. Welche ich aber nicht unterschreiben werde und Widerspruch einlegen werde.

  5. Florian sagt:

    Hi folks, ich bin wieder, nachdem ich 4 Monate hier (befristet bis 30.12.15) und direkt im Anschluss eine Woche dort gearbeitet habe (Testphase nicht bestanden), arbeitslos und habe sofort ALG II beantragt. Jetzt habe ich Post vom JC bekommen, in dem sie mir mit einer Sanktion (30%) für das nicht reagieren auf ein, von ihnen eingereichtem Jobangebot drohen. Da frage ich mich, da ich in dem letzten Termin (15.9.15) zur Besprechung meiner beruflichen Situation nach dem befristeten Arbeitsverhältnis, eine, von mir nicht unterschriebene, Eingliederungsvereinbarung mitbekommen habe (es steht drin bis 12.9.16 gültig) und aber eben direkt im Anschluss, nach dem befristeten Arbeitsverhältnis, eine Woche gearbeitet habe, ob diese Sanktion noch rechtens ist. Wisst ihr da vielleicht mehr? Wie sollte ich mich verhalten?

    • BG45-Webmaster sagt:

      Hallo,

      grundsätzlich leisten wir keine Online-Rechtsberatung. Dazu sind die jeweiligen Fälle viel zu individuell und komplex. Ich kann ihnen nur raten, eine freie und offene Beratungsstelle aufzusuchen, so wie unser Verein sie anbietet. Sollte ihnen dies nicht möglich sein, dann wenden sie sich umgehend an einen Fachanwalt für Sozialrecht.

      Mit freundlichen Grüßen
      Ihre BG45-Webmaster

  6. Rosi sagt:

    Hallo. Ich hab beide EGVs mit nach Hause genommen,um sie prüfen zulassen. Eine Maßnahme ist enthalten,wo ich jeden Tag nach Feierabend meined 450 Euro Job hin muss. Und zwar immer so lange bis ich mit den Arbeitsstunden in der Woche 40 Stunden zusammen kriege. Alles was ich nicht schaffe,entweder wegen Überstunden,Krankentage Urlaub,wird an die Maßnahme die drei Monate gehen soll hinten angeschlossen. Das wird ja dann eine Langzeitmaßnahme. Haben sie einen Rat für mich. Danke .lg.Rosi

    • BG45-Webmaster sagt:

      Hallo Rosi,

      ich kann ihnen nur den Rat geben, den ich im vorangegangenen Kommentar von Florian bereits gegeben habe. Wenden sie sich bitte an einem Fachanwalt für Sozialrecht und lassen sie sich von diesem beraten und die EGV überprüfen.

      Mit freundlichen Grüßen
      Ihr BG45-Webmaster

    • Hallo,
      bitte die unterschriebene EGV mir zur Ansicht und wegen
      des Textes in Kopie als PDF Datei zusenden
      persönliche Daten bitte schwärzen bzw. unkenntlich machen

      zu zusenden an:Lgsjaeger@gmx.net

  7. Rosi sagt:

    Hallo BG45 Webmaster.
    vielen dank für die schnelle Antwort.
    da ich die EGV schon wieder abgeben muss. Was halten sie davon,wenn ich die unter Vorbehalt unterschreibe.
    die Maßnahme die drin steht,fängt bei der Beraterin an. Bei der Beraterin das Gespräch mit ihr und Maßnahmeträger.
    Mfg. Rosi

  8. Sternchen29 sagt:

    Hallo,
    ich hab eine Frage zum Thema EGV, ich hoffe Ihr könnt mir helfen.
    es betrifft nicht mich, sondern eine Freundin welche sehbehindert ist. sie war alleine beim JC, hatte keine Begleitung und der Sachbearbeiter wollte sie zwingen die EGV zu unterschreiben. „sie dürfen den Raum nicht verlassen wenn sie nicht unterschreiben“ hat er gesagt. das Schlimme ist ja dass sie wegen ihrer Augen gar nicht lesen konnte was sie da unterschrieben hat.
    kann man das jetzt irgendwie anfechten ?

    • BG45-Webmaster sagt:

      Hallo,

      ihre Freundin sollte dringend einen Fachanwalt für Sozialrecht aufsuchen.

      Mit freundlichen Grüßen
      BG45-Webmaster

  9. Toni sagt:

    Hallo,
    ich habe mal eine Frage. Am 1.4. habe ich Arbeitlosengeld 2 beantragt und seitdem keinen Cent bekommen. Mir wurde das Geld in einem Schreiben versagt, Begründung: fehlende Mitwirkung. Ich kann jedoch belegen, dass das nicht stimmt. Alle Schreiben habe ich per Übergabeeinschreiben verschickt.
    Heute kam ein Brief mit dem Betreff: Beendigungsmeldung für die Arbeitslosigkeit mit Bezug auf ALG 2 für den Zeitraum 4.4.2016 bis 13.6.2016.

    mit dem Hinweis, dass meine Eigenbemühungen und meine Verfügbarkeit gegenüber dem jobcenter nicht erfüllt worden sind.

    Ich habe die Eingliederungsvereinbarung dummerweise direkt am Anfang unterschrieben, meine Anwältin sagt jedoch, dass sie erst ab Tag der Bewilligung einzuhalten sei. Stimmt das?

    Desweiteren habe ich keine Aufforderungen des jobcenters erhalten vorstellig zu werden oder Bewerbungen nahzuweisen. Ich habe diverse Bewerbungen geschrieben und hatte auch schon zwei Vorstellungsgespräche. Das habe ich dem jobcenter jedoch nicht mitgeteilt. Zudem bin ich seit Anfang März krank geschrieben.

    Ich freue mich über eine Antwort, mit Grüßen Toni

  10. Uwe sagt:

    Hallo habe im september2015 eine eingliederungsvereinbahrung unterschrieben MIT zweck computerkurs ging bis januar 2016. Danach wurde sie mündlich verlängert bis mai zwegs bewerbungen schreiben. Und jetzt soll ich wieder eine unterschteiben . Meine frage..Mus ich wieder eine unterschreiben? Mtg

  11. Kordula Neuhof sagt:

    Hallo,
    Bin Hartz 4, SB vom JC hat mich einbestellt , war dort , er hat einen neuen EG vertrag mit mir abgeschlossen an diesem Tag , mit der Begründung drv arbeitet langsam, wegen Teilhabe am Arbeitsleben. EG Vereinbarung unterschrieben. Der Bewilligungszeitraum für Leistung besteht noch für zwei Monate .
    Was hat das auf sich ?
    Was bedeutet das für mich ? Kann mir jemand dazu etwas sagen ? Dankeschön
    Mfg

  12. Christian sagt:

    @Toni (18.06.2016): Ja, deine Anwältin hat Recht. Wenn du keine Leistungen vom Jobcenter bekommst bzw. dein Eintrag noch gar nicht bewilligt bist, dann hast du dem Jobcenter gegenüber KEINE Pflichten und die EGV ist NICHT gültig. Deshalb lass dich bei der nächsten Antragstellung nicht dazu verleiten, einen Vertrag zu unterzeichnen (was man bei EGVs generell NIE machen sollte!), wenn du noch gar kein Geld vom Amt bekommst. Eine Leistung kann immer nur über eine Gegenleistung erfolgen, meine Meinung.

    @Uwe (21.06.2016): NEIN, du musst keine EGV unterschreiben und das solltest du, meiner eigenen Meinung nach, NICHT tun! Außerdem darf eine EGV NICHT mündlich verlängert werden, lass dir immer alles schriftlich geben und selbst dann muss immer eine NEUE EGV gemacht werden, wenn die alte abgelaufen ist! Nimm dir eine vorgelegte EGV immer zur Prüfung mit nach Hause (wurde per Gerichtsbeschluss bestätigt: LSG NRW 07.02.2008 – L 7 AS 1398/08 ER-B). Mach dann Gegenvorschläge zu der dir vorgelegten EGV, um deine Kooperation zu zeigen (werden sowieso abgelehnt) und warte auf den einsetzenden Verwaltungsakt. Gegen den erhebst du Widerspruch (gleichzeitig unbedingt beim zuständigen Sozialgericht Aussetzung auf Vollziehung beantragen, da der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat!!!). Verschiedene Foren geben dazu genügend Hilfestellungen, mitsamt teilweise hilfreichen Mustertexten. Wenn der Widerspruch abgelehnt wird, hast du dann die Möglichkeit zu klagen. Lass dich aber im besten Fall bei all diesen Schritten von einem Anwalt dazu beraten.

    @Kordula Neuhof (03.07.2016): Deine EGV ist nur so lange gültig, bis entweder der dort angegebene Zeitraum um ist, normalerweise 6 Monate, oder deine Bewilligung ausläuft. Sollte die EGV allerdings über den Bewilligungszeitraum hinaus laufen und du stellst allerdings einen Weiterbewilligungsantrag auf Hartz 4, dann läuft die EGV auch so lange weiter, bis dessen Zeitraum selbst abgelaufen ist. Lass dir von deinem Arbeitsvermittler aber keine hanebüchenen Begründungen geben. Das Gesetz schreibt ihm sowieso vor, dass er mit dir eine EGV abzuschließen hat (§ 15 SGB II). Unterschreib das Ding aber trotzdem nie (siehe meine Antwort zu Uwe).

    So, hoffe das hilft den letzten drei Fragestellern. Bin eher durch Zufall hier eingetroffen und dachte, da den dreien sonst keiner hilft, versuche ich es mal. Ist natürlich alles so wie ich es machen würde und KEINE Rechtsberatung und ich übernehme auch keine Verantwortung für den Ausgang in euren Situationen (kämpfe derzeit selbst gegen eine EGV per Verwaltungsakt).