Schilda ist überall. So auch in Essen. Hier ist die Aufrechterhaltung der Versorgung von Pflegefällen im Fall von Straßenbaumaßnahmen nicht vorgesehen
Wenn es nicht so traurig wäre, könnte diese Geschichte als Posse aufgeführt werden. Mit Einwilligung der Beschwerdeführerin Frau Moll dürfen wir die Geschehnisse um diesen einsamen, aber nicht gänzlich vergeblichen Kampf veröffentlichen.
Frau Moll:
Liebe Journalisten, es wäre schön, wenn Sie über die Behandlung schwerstbehinderter Essener Mitbürger durch die Stadtverwaltung berichten würden – mit positivem oder negativen Ausgang dieses Falls, der ja, wie die Beratungsstelle Pflege weiß, leider kein Einzelfall ist.
Sehr geehrte Frau Raskob, sehr geehrte Herren,
wieder einmal darf ich erleben, wie die Stadt Essen mit ihren schwächsten Bürgern umspringt.
Meine Mutter, 89, 100 % schwerstbehindert, hilflose Person, aG (d.h.: beidseitig Beinamputierten gleichgestellt), nahezu gehörlos, nahezu blind, ist Schwerstpflegefall und auf einen ambulanten Pflegedienst angewiesen. Eine schlimme Situation. Aber die kann noch verschlimmert werden, davon versteht die Stadt Essen etwas. Ab 08.10. wird die Volckmarstraße in Kettwig-Vorderbrücke vollständig gesperrt. Alle Anwohner müssen ihre PKW im Umfeld abstellen. Was hat die Stadt Essen für Fälle wie den meiner Mutter vorgesehen? Wie kommt nun der Pflegedienst dahin?
Der auf der gestrigen Benachrichtigung stehende Herr von der Lippe, Tel. 88 66 256 erklärt, gar kein Problem. Die können im Karrenbergsfeld parken. Aber diese Sackgasse ist doch ausschließlich über die gesperrte Volckmarstraße erreichbar. Nein, man kann über die Landsberger Straße hineinfahren. Aber dann muss man doch Bauer Im Brahms Feld queren? Nein. Doch. Nein Doch. Ach ja, ich habe doch recht. Geht ja nicht. Dann wird wohl doch nicht die gesamte Volckmarstraße gesperrt. Aber das wurde doch geschrieben? Und so viel Platz ist doch im Karrenbergsfeld auch nicht.
Der Pflegedienst kann in der Arndtstraße parken, da ist der Kindergarten, der hat Ferien. Wirklich? Wäre neu. Natürlich, sind doch Herbstferien. Aber doch nur für die Schulen. Die Kindergärten haben doch immer frei, wenn Schulferien sind. Nein, haben die nicht. Doch. Nein. Doch. Naja, dann vielleicht doch nicht. Und in die Arndtstraße kam man doch seit Monaten nicht mehr „von hinten“, wegen der Baustelle. Welche Baustelle, die städtische? Ja, gibt es die nicht mehr? Doch, aber da kann man doch durch? Seit wann? Doch immer, über die „Alte Fähre“. Nein, das ging, zumindest vor kurzem, nicht, müsste wieder neu sein. Wird wohl. Oder nicht? Oder doch?
Also irgendwo kann man parken. Wo? Da wird schon was sein. Wenn nicht? Ja, dann muss der Pflegedienst Herrn von der Lippe anrufen. Aber ich rufe doch an. Für den Pflegedienst, denn es ist meine Aufgabe sicherzustellen, dass der Pflegedienst zu meiner Mutter kommen kann. Es gibt da ja noch mehr alte, hilfsbedürftige Leute. Wird nun für diese Fälle ein Parkplatz reserviert? Nein. Die können sich einen Parkplatz suchen. Wenn aber keiner da ist? Dann sollen die das Baustellenpersonal ansprechen. Werden die einen Parkplatz stellen? Wie denn? Wie lange soll das dauern? Also, die werden schon einen finden. Können Sie mir das schriftlich garantieren? Garantieren Sie denn dem Pflegedienst derzeit einen Parkplatz? Ja, denn wenn vor dem Haus keiner ist, fahren die schlicht aufs Grundstück – so ist das abgesprochen. Aber wenn jemand vor der Einfahrt parkt? Dann ist das ein ungeplanter Verkehrsverstoß. Den kann ich nicht planen. Aber eine Baustelle ist planbar, was sich in Essen wohl noch nicht herum gesprochen hat. Kann nicht einfach eine Parkfläche für Pflegedienste reserviert werden? Nein. Dabei blieb es. Herr von der Lippe ist nicht bereit, sich Gedanken über die Versorgung alter, pflegebedürftiger Essener Bürger zu machen.
Anruf bei der städtischer Telefonvermittlung mit der Frage, wer in der Stadtverwaltung einem älteren, behinderten Menschen beistehen kann, dem die ambulante Pflege durch Straßensperrung verweigert werden soll. Herr Schlemminger, der ist freundlich, verständnisvoll, aber leider nicht zuständig. Leitet mich aber weiter, indem er mir 2 Rufnummern gibt. Straßenverkehrsamt. Tel. 8839114. Eine freundliche Dame erklärt, nicht zuständig zu sein. Bitte Herrn Stöckmann unter 8839106 anrufen.
Herr Stöckmann ist nicht da.
Herrn Schlemmingers 2. Tipp ist die Beratungsstelle Pflege, Tel. 8850666. Nach einigen Versuchen habe ich die nette, freundliche Frau erreicht. Die hat bei sich in der Straße das auch schon erlebt. Für den Rettungswagen musste der Baustellenleiter bemüht werden, die Pflegedienste ließ man weite Strecken laufen. Ist in Essen also so üblich. Aber vielleicht könne die Stadtspitze oder die Politik, z.B. die BV, helfen.
Das versuche ich hiermit. Daher wende ich mich nun an Sie. Durch eine – mal wieder – organisatorisch nicht vorbereitete Baustelle, dem Irrglauben, die Straße Karrenbergsfeld sei über die Landsberger Straße erreichbar und Kindergärten würden in den Herbstferien schließen, der Nichtabsprache mit der benachbarten, städtischen Baustelle Arndtstraße und der offensichtlichen Unkenntnis und/oder Nichtbeachtung, dass eine Zufahrt über die Alte Fähre / Mintarder Weg / Landsberger Straße aufgrund teilweise längerer Einspurigkeit Chaos verursacht, dürfte es zu dreitägigem Horror kommen. Damit werden gezielt Menschen wie meine Mutter in ihrer Hilflosigkeit allein gelassen.
Ich beantrage daher, dass die Bauarbeiten zurückgestellt werden, bis eine organisatorische Planung der Verkehrssituation im allgemeinen und eine Versorgung hilfloser Menschen im besonderen erstellt worden ist. Es wäre doch wirklich kein Problem, einen Stellplatz für Ärzte und Pflegedienste auszuweisen. Wenn man will. Essen will nicht. Vielleicht können die Ortskundigen aus der BV der Verwaltung da unter die Arme greifen – in der Sach- wie in der Einstellungsfrage. Vielleicht verstehen Sie bei solchen Erlebnissen ja auch, warum Kettwiger nicht mit einer „eigenen“ BV abgespeist werden wollten sondern aus dieser Stadt ausgemeindet.
(Und so geht es weiter)
Sehr geehrte Frau Raskob, sehr geehrte Herren,
in Ergänzung zu u.g. Email habe ich noch einige traurige Details zu ergänzen.
1. Am Wochenende fragte ich mich, wann denn der Müll entsorgt wird. Abholtermin ist der 08.10., also der erste Tag der Vollsperrung. Da ist doch sicher geregelt worden, dass die EBE am Samstag vorher kommt – denkt eine Hausfrau, die einen Haushalt zu organisieren hat. Die heutige Rückfrage bei der EBE ergibt, dass solche Kinkerlitzchen bei der Baustellenorganisation nicht bedacht werden können. Die EBE weiß von nichts. Die wären am achten gekommen und – von der Sperrung überrascht – wieder gefahren. Wo bitte lassen wir denn jetzt unseren Müll?
2. Natürlich existiert die Baustelle der Stadtwerke auf der Landsberger Straße noch. Zwischen der August-Thyssen-Straße und der Volckmarstraße sind eine Vielzahl von Parkmöglichkeiten noch durch Baustelleneinrichtung und Materiallagerung belegt. Ab Volckmarstraße ist die Landsberger Straße bis zur Arndtstraße gesperrt. Heißt: Ein Anfahrt zum Kindergarten ist über diesen Weg nicht möglich, Parkplätze sind nur sehr begrenzt vorhanden.
Somit müssen die vielen Eltern, die morgens ihre Kinder zum Kindergarten bringen, über den Abschnitt Alte Fähre – Landsberger Straße in die Arndtstraße fahren. Die ist aber auf einem langen Stück nur einspurig (Spielstraße) mit wenig Ausweichmöglichkeiten – die dann sicher aus Not zugeparkt sind. Dort treffen die Anfahrenden mit den Abfahrenden aus dem Viertel zusammen und es wird nichts mehr gehen. Ach ja, und dann wird es ja einen enormen Wendeverkehr in der Arndtstraße geben – vor dem Kindergarten. Am besten stellt sich da direkt ein Rettungswagen hin – aber der muss sich ja durch die verstopfte Spielstraße kämpfen. Geht auch nicht. Also besser, direkt ein ambulantes Ärzteteam mit Not-OP für die „Wende-Opfer“ einrichten. Das können ja die zwei Ärzte aus der Volckmarstraße machen, deren behinderte, alte Patienten sie ja nicht mehr erreichen können und die selbst auch nicht mehr heraus können – die haben dann ja Zeit.
3. Dem auf dem Benachrichtigungszettel als zuständig benannten Herrn von der Lippe ist die Situation durchaus bekannt. Seine Aussage, die Baustelle der Stadtwerke sei doch weg, war wissentlich falsch. Er hatte nämlich dem zuständigen Bauleiter der Stadtwerke, Herrn Oberholz, mitgeteilt, dass die „Umfahrung“ der Baustelle Landsberger Straße über die Volckmarststraße vom 08.-10.10.12 nicht möglich sei, die Baustellen-LKW jedoch, aber nur diese, über den Eva-Hollands-Weg und durch das Firmengelände Ersolux fahren könnten. Dass somit ein gravierendes Problem bestand, war ihm bekannt. Gelöst hat er es ausschließlich für Baustellenfahrzeuge, nicht für den Individualverkehr – die betroffenen Menschen interessieren Bauleiter der Stadt offensichtlich nicht.
4. Die Krönung erfuhr ich dann bei meinem Gespräch mit den Stadtwerken auch noch. Herr von der Lippe ist ab heute im Urlaub. So sorgt er Beschwerden über seine Nichtorganisation vor.
Dass ich bei dem gezielten, menschenverachtenden Chaos nicht erwarten kann, dass jemand an die Pflegebedürftigkeit meiner Mutter (und die anderer Menschen im Umfeld, dort fahren mehrere Pflegedienste) denkt, ist da ja schon selbstverständlich. Ärzte, Kindergarten, Müllabfuhr – nichts ist geregelt, aber Herr von der Lippe kann ja grinsend seinen Urlaub genießen – er ist unerreichbar – wie die von ihm hinterlassenen, hilflosen Menschen wie meine Mutter auch.
DAS ist Essener Realität. Bitte sorgen Sie dafür, dass diese unsägliche Baustelle jetzt nicht eingerichtet wird. Sobald die Stadtwerke fertig sind, kann man wieder planen. Obwohl – zeigen nicht alle Essener Baustellen, dass Planung und Organisation für das entsprechende Dezernat Fremdwörter sind? Vielleicht bitten Sie die Anwohner um Hilfe, die Ihnen sagen könnten, wann der Kindergarten Ferien hat, wann die Ärzte ohnehin im Urlaub sind, wann die Müllabfuhr kommt etc. In der Volckmarstraße wohnen viele Menschen, für die Organisation täglich erforderlich ist. Vielleicht gibt es ja auch Lehrgänge dafür, zu denen die Verantwortlichen entsandt werden können?
Mit freundlichen Grüßen
(Und so geht es weiter)
Herr Paß hat – meines Wissens – nicht reagiert, aber der frühere Bezirksvorsteher Kranz hilft. Für meine Mutter soll es jetzt eine Sonderregelung geben – es geht also, wenn man will.
Jetzt soll auch die EBE informiert werden und die Post, die an meinem Grundstück einen Ablagekasten hat. Eigentlich kann man das ja nicht verstehen, dass der Mensch von der Post die schweren Beutel nicht mal ein Stück schleppen kann – tolle Reaktion!
Die Zufahrtsprobleme bleiben, da wird nichts mehr geändert.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Monika Moll
Ehrlich gemeint, wundert mch DAS nicht!
ANDERES ist nicht zu erwarten!
Aber schön, das sich hier mal ein Betroffener meldet und sein Leid kundtut!
Tjaa’ja, Kämpfe mit Behörden… ,:)