Pressemitteilung der Diakonie RWL

Hartz IV am Ende – Kahlschlag bei Arbeitslosen

Diakonie RWL hält Reformen am Arbeitsmarkt für unerträglich.

Die aktuelle Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung zementiert die Ausgrenzung von Millionen von Arbeitslosen. Zum einen erfüllt die Anpassung der Regelsätze nicht die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Zum anderen werden durch massive Kürzungen im Bereich der Arbeitslosenförderung Millionen von Langzeitarbeitslosen dauerhaft abgeschrieben. Fordern und Fördern fällt aus.

„Die arbeitsmarktpolitischen Reformen im Zuge des Sparpaketes der Bundesregierung sind für die Diakonie unerträglich“, so Dr. Uwe Becker, Vorstand der Diakonie RWL, auf einer Pressekonferenz am Dienstag in Düsseldorf. „Diese Reformen sind ein Zeichen dafür, dass die Bundesregierung benachteiligte Arbeitslose nicht mehr fördern will und gleichzeitig ihre Rechtsstellung erheblich verschlechtert.“ Zwar gibt es Mehrausgaben von rund 3 Milliarden Euro in den nächsten vier Jahren für die Anpassung der Hartz IV-Regelsätze und das Kinder-Bildungspaket. Dem stehen aber Einsparungen in Höhe von 30 Mrd Euro gegenüber, die vor allem Langzeitarbeitslose treffen werden.

Die Diakonie RWL hat gemeinsam mit neun weiteren Diakonie-Landesverbänden eine Studie zur Berechnung der Hartz IV-Regelsätze in Auftrag zu geben. Die renommierte Volkswirtin Dr. Irene Becker (Riedstadt) wurde beauftragt, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Berechnung des Existenzminimums modellhaft umzusetzen. Erstmals liegt damit eine empirisch und methodisch profunde Berechnung der Regelsätze vor. „Wir wollen mit diesen Zahlen keinen sportiven Wettbewerb der Bestanbieter betreiben, sondern deutlich machen, dass diese Regelsätze Ergebnis einer Studie sind, die keine Rücksicht auf politische Logiken nimmt und sich ausschließlich an den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ausrichtet“, erklärt Becker weiter.

Die Diakonie-Studie formuliert im Ergebnis die niedrigste Zahl, die nach wissenschaftlichen Analysekriterien zu errechnen ist. Fachliche Einwände an der bisherigen Methodik wurden partiell aufgehoben und viele Abzüge so akzeptiert, wie sie im Gesetzesentwurf zu finden sind. Dennoch liegt der errechnete Regelsatz für Alleinstehende mit 433 Euro um 69 Euro über dem geplanten Regelsatz von 364 Euro. Der Regelsatz für Kinder liegt je nach Altersgruppe bis zu 36 Euro über den geplanten Regelsätzen.

Neben der kaum inflationsbereinigten Anpassung der Regelsätze werden die Arbeitslosen im nächsten Jahr noch einen Kahlschlag bei der Arbeitsmarktförderung zu spüren bekommen. Im Sparpaket der Bundesregierung sind allein für 2011 Einsparungen von 1,5 Milliarden Euro eingeplant. Bis 2014 sollen insgesamt 10 Milliarden Euro weniger in Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen investiert werden. „Die Bundesregierung betreibt einen aktiven Rückzug aus der Beschäftigungsförderung. Damit fällt für viele Langzeitarbeitslose der letzte Hoffnungsschimmer weg, jemals wieder in Arbeit integriert zu werden.“

Besonders betroffen sind Kommunen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. So stehen zum Beispiel Gelsenkirchen im nächsten Jahr rund ein Drittel weniger Gelder für Beschäftigungsmaßnahmen zur Verfügung. Tausende von Arbeitsgelegenheiten werden wegfallen und damit stehen Einrichtungen wie Tafeln, Sozialkaufhäuser, Gebrauchtmöbellager oder die Pflege von Wander- und Radwegen vor dem Aus. „Es ist ein Hohn, wenn die niedrigen Regelsätze einen Anreiz zu Aufnahme von Arbeit bieten sollen, aber gleichzeitig die Wege, mit denen Langzeitarbeitslose auf den Arbeitsmarkt vorbereitet werden, verbaut werden“, so Becker weiter.

Erschreckend ist, dass gerade die Städte und Gemeinden mit einer hohen Grundsicherungsquote, das heißt mit prozentual besonders vielen Hartz IV-Empfängern, überdurchschnittlich hohe Kürzungen hinnehmen müssen.

Gelsenkirchen, Stadt-31,87%18,2
Mönchengladbach, Stadt-28,80%15,2
Essen, Stadt-28,16%15,2
Stadtverband Saarbrücken-28,09%13
Duisburg, Stadt-28,01%15,7

Einzelne Kommunen haben schon errechnet, wie viele Plätze bei den Arbeitsgelegenheiten im nächsten Jahr wegfallen werden. Zum Beispiel in Duisburg sind es 1700, in Düsseldorf und im Kreis Birkenfeld je 500, im Oberbergischen Kreis 340 und in Münster 170.

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