Erbschaft – Was ist wann als Einkommen zu werten?

ErbschaftErbschaft im SGB II-Leistungsbezug – Urteil des BSG

Das eine Erbschaft nicht immer unbedingt als anzurechnendes Einkommen nach § 11 SG II anzusehen ist, hat das BSG in einem interessanten Fall dargelegt.

Eine Leistungsberechtigte hatte gem. testamentarischer Verfügung keinen Zugriff auf die Erbschaft, sondern lediglich auf die Zinserträge aus der Erbschaftssumme. Die Vorinstanzen waren jeweils zu dem Urteil gekommen, dass der gesamte Geldwert der Erbschaft als Einkommen zu sehen sei. Dies hat das BSG nunmehr verneint und den Fall zwecks weiterer Klärungen an das LSG zurückverwiesen.

Erbschaft – Der Fall

Leider müssen wir uns hierbei auf einen Beitrag der Stiftung Warentest berufen, da dass Urteil im Volltext nur im kostenpflichtigen Abodienst erhältlich ist:

Wer erbt, bekommt keine Hartz-IV-Sozial­leistungen mehr. Das gilt aber nicht immer, hat jetzt das Bundes­sozialge­richt auf die Klage einer Hartz-IV-Empfängerin hin entschieden. Eine Erbschaft kann das Amt nur als Einkommen oder Vermögen anrechnen, wenn sie wirk­lich zur Verfügung steht, stellten die Bundessozial­richter klar (Az. B 14 KG 1/14 R). Der Fall: Eine Frau hatte mit anderen gemein­sam geerbt. Ihr Anteil am Erbe belief sich auf 86 926,94 Euro. Der Verstorbene hatte die Testamentsvoll­stre­ckung ange­ordnet. Der Testaments­voll­stre­cker sollte der Frau aus dem Ertrag des geerbten Vermögens ein dauer­haftes Einkommen zahlen. Bei einer Verzinsung von 2 Prozent bekommt sie also gut 1 700 Euro pro Jahr. Die Vorinstanzen hatten noch angenommen: Die Sozialbehörde darf die Erbschaft im Ganzen als Vermögen anrechnen und die Leistungen stoppen. Die Urteile hob das Bundes­sozialge­richt auf. Die Sozialge­richte müssen jetzt genau klären, wie viel Geld der Frau jeweils tatsäch­lich zusätzlich zur Verfügung steht.

Erbschaft – Weitere Ausführungen des BSG

Weitere Erklärungen und Ausführungen zu diesem Erbschaftsfall können dem Terminbericht des LSG vom 17. Februar 2015 entnommen werden:

4)

Auf die Revision der Klägerin wurde die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen. Mangels ausreichender Feststellungen des LSG konnte der Senat nicht abschließend entscheiden, ob der Klägerin der begehrte Kinderzuschlag zusteht. Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Kinderzuschlags nach § 6a BKGG sind für die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen die entsprechenden Regelungen des SGB II heranzuziehen. Das von der Klägerin gemachte Erbe steht ihrem Anspruch danach nicht zwingend entgegen. Zu klären ist, inwieweit das Erbe als Einkommen oder Vermögen zu berücksichtigen ist. Hierbei geht der Senat zunächst davon aus, dass das Erbe dem Bedarf als Einkommen erst ab dem Zeitpunkt gegenüberzustellen ist, in dem es ‑ jedenfalls teilweise ‑ der Klägerin erstmals als bereites Mittel zur Verfügung stand. In Abhängigkeit von diesem Tag, der dem Beschluss des LSG nicht entnommen werden kann, ist sodann der Verteilzeitraum zu ermitteln. Erst anschließend kann das Erbe als Vermögen zu berücksichtigen sein.

Unbeschadet dessen setzt die Berücksichtigung voraus, dass das Erbe als bereites Mittel der Klägerin überhaupt zur Verfügung steht. Letzteres hängt von der seitens des Erblassers angeordneten Dauertestamentsvollstreckung ab, von der der Testamentsvollstrecker nicht ohne weiteres abweichen darf. Der Erbe seinerseits kann ein bestimmtes Verhalten des Testamentsvollstreckers, zB hinsichtlich der Herausgabe des Erbes insgesamt oder einzelner Teile, nur durch Klage erzwingen. Ob und in welchem Umfang das Erbe der Klägerin nicht zuletzt aufgrund der Zuwendungen des Testamentsvollstreckers aus dem Erbe an sie als bereites Mittel zur Verfügung stand, wird vom LSG ebenfalls zu klären sein. Dabei wird gegebenenfalls auch zu berücksichtigen sein, dass die Beklagte die Klägerin unter Beachtung ihrer Beratungspflichten bei einem Vorgehen gegen den Testamentsvollstrecker zu unterstützen hätte, wenn sie ein solches Vorgehen für angezeigt hält.

SG Münster                                      – S 15 BK 57/10 –
LSG Nordrhein-Westfalen            – L 12 BK 22/12 –
Bundessozialgericht                       – B 14 KG 1/14 R –

Erbschaft – Weitere Fragen

Wer weitere Fragen rund um das Thema Erbschaft im SGB II hat, kann sich gerne vertrauensvoll an eine unserer Rechtsberatungen wenden.

Es hilft nichts, das Recht auf seiner Seite zu haben. Man muss auch mit der Justiz rechnen.

Dieter Hildebrandt

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