Kinder in Armut u.a. in Mülheim a.d. Ruhr und die Auswirkungen
Arme und unterentwickelte Kinder sind mittlerweile ein bundesweites Desaster und Armutszeugnis par excellence für die Politik. Dazu hat die Bertelsmannstiftung heute in Zusammenarbeit mit der Stadt Mülheim und der Uni Bochum eine Studie zu Thema Kinderarmut veröffentlicht. Diese Studie enthält Zahlen, die eigentlich als ein verzweifelter Weck- und Hilferuf an die gesamte deutschen Politik zu verstehen sind. Aber wie so oft, wird auch dieser garantiert ungehört verhallen.
Obwohl z.B. Mülheim eine der wohlhabendsten Städte im Revier ist, sind dort 28% aller unter sechsjährigen Kinder dieser Studie nach arm und unterentwickelt. Ein verstörendes Bild, was sich dort abzeichnet.
Kinder in Armut – Die Studie
Zu dieser Studie zur Kinderarmut auch in Mülheim hat die Bertelsmannstiftung eine Presseerklärung herausgegeben, die die Zahlen auf erschreckende Weise eindringlich darstellt:
Armut ist Risiko für Entwicklung von Kindern
In Deutschland wachsen mehr als 17 Prozent der unter Dreijährigen in Familien auf, die von staatlicher Grundsicherung leben. Wie wirkt sich das auf die Entwicklung dieser Kinder aus? Eine Analyse von Schuleingangsuntersuchungen im Ruhrgebiet zeigt: Armutsgefährdete Kinder sind schon bei Schuleintritt benachteiligt.
Gütersloh, 13. März 2015. Ein Aufwachsen in Armut beeinträchtigt die Entwicklung von Kindern. Schuleingangsuntersuchungen erkennen bei Kindern, deren Familien von staatlicher Grundsicherung leben, mehr als doppelt so häufig Defizite in der Entwicklung wie bei Kindern, die in gesicherten Einkommensverhältnissen aufwachsen. Das belegt eine Studie der Bertelsmann Stiftung. Die Fünf- und Sechsjährigen aus SGB-II-Familien sprechen schlechter Deutsch, können schlechter zählen, leiden öfter unter Konzentrationsmängeln, sind häufiger übergewichtig und verfügen über geringere Koordinationsfähigkeiten.
Das Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR) an der Universität Bochum und die Stadt Mülheim an der Ruhr haben im Auftrag der Bertelsmann Stiftung die Daten von knapp 5.000 Schuleingangsuntersuchungen aus den Jahren 2010 bis 2013 ausgewertet. Während 43,2 Prozent der armutsgefährdeten Kinder mangelhaft Deutsch sprechen, wurde dies nur 14,3 Prozent der nicht-armutsgefährdeten Kinder attestiert. Probleme in der Körperkoordination haben 24,5 Prozent der Kinder aus SGB-II-Familien (Übrige: 14,6). Ähnliches gilt für die Visuomotorik, der Koordination von Auge und Hand (25 zu 11 Prozent). 29,1 Prozent der armutsgefährdeten Kinder haben Defizite in ihrer selektiven Wahrnehmung (Übrige: 17,5), Probleme beim Zählen haben 28 Prozent (Übrige: 12,4). Adipös, also deutlich übergewichtig, sind 8,8 Prozent der Kinder, die von staatlicher Grundsicherung leben (Übrige: 3,7).
Früher Kita-Besuch hilft nicht automatisch
Diese Auffälligkeiten gehen einher mit einer geringeren Teilhabe der armutsgefährdeten Kinder an sozialen und kulturellen Angeboten. So erlernen lediglich 12 Prozent dieser Kinder ein Instrument (Übrige: 29). Vor Vollendung des dritten Lebensjahres gehen 31 Prozent der armutsgefährdeten Kinder in eine Kita (Übrige: 47,6). Und nur 46 Prozent der armutsgefährdeten Kinder sind vor Schuleintritt in einem Sportverein (Übrige: 77). Gerade die Mitgliedschaft in einem Sportverein wirkt sich aber nicht nur auf die Entwicklung der Körperkoordination positiv aus, sondern auf alle Entwicklungsmerkmale, so die Studie.
Auch ein früher Kita-Besuch kann negative Folgen von Kinderarmut verringern, allerdings ist das kein Automatismus. Positive Effekte für die Entwicklung der Kinder treten nur dann ein, wenn die Kita-Gruppen sozial gemischt sind. Weil aber Armut innerhalb einer Stadt höchst unterschiedlich verteilt ist, können Kitas in sozialen Brennpunkten genau diese Heterogenität oftmals nicht gewährleisten. In Mülheim etwa liegen in einigen Stadtvierteln die Armutsquoten über 50 Prozent. Deshalb empfehlen die Studienautoren, die Ressourcen nicht nach dem „Gießkannenprinzip“ zu verteilen: „Kitas in sozialen Brennpunkten brauchen mehr Geld, mehr Personal und andere Förderangebote“, sagte Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann Stiftung.
Kommunen müssen aktiv steuern
Die Bertelsmann Stiftung hat deshalb gemeinsam mit der Landesregierung Nordrhein-Westfalen in 18 Städten und Kreisen das Pilotprojekt „Kein Kind zurücklassen“ gestartet. Gemeinsam mit Kommunalpolitik und Verwaltung sollen Präventionsketten entwickelt werden, um die Entwicklung armutsgefährdeter Kinder frühzeitig zu fördern. Dazu gehört, SGB-II-Familien gezielt anzusprechen und zu motivieren, ihrem Kind einen Kita-Besuch zu ermöglichen. Außerdem sollen etwa Brennpunkt-Kitas stärker mit sozialen Diensten sowie Sport- und Kulturvereinen im jeweiligen Stadtteil zusammenarbeiten. Ein wichtiges Ziel ist, kommunale Gelder neu zu verteilen und sich dabei stärker an den Bedarfen der Kitas und Stadtviertel zu orientieren.
„Gerade Städten wie Mülheim, die unter knappen Kassen und hoher Arbeitslosigkeit leiden, macht die Studie Mut, weil eine gute kommunale Sozialpolitik die Folgen von Kinderarmut spürbar reduzieren kann“, sagte Brigitte Mohn. Eine bedarfsgerechte und wirkungsorientierte Steuerung ist umso wichtiger, weil Kinderarmut kein Randphänomen ist. In Nordrhein-Westfalen leben 20,7 Prozent der unter Dreijährigen in Familien, die auf Sozialgeld angewiesen sind, im Ruhrgebiet sogar 28,3 Prozent. Mehr als die Hälfte (53 Prozent) der SGB II beziehenden Sechsjährigen sind schon seit mindestens vier Jahren in der staatlichen Grundsicherung.
Zusatzinformationen
Thomas Groos und Nora Jehles vom Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR) an der Ruhr-Universität Bochum haben gemeinsam mit der Stadt Mülheim an der Ruhr Daten aus knapp 5.000 Schuleingangsuntersuchungen von vier Jahrgängen (2010-2013) ausgewertet und Korrelationen zum SGB-II-Leistungsbezug analysiert. Die Studie ist Teil der Begleitforschung zum Projekt „Kein Kind zurücklassen! Kommunen in NRW beugen vor“ (KeKiz), einem Modellvorhaben der NRW-Landesregierung und der Bertelsmann Stiftung.
Was aber wie immer auch bei dieser Studie unter den Tisch fällt, ist die Frage nach der ursächlichen Verantwortung der hinter dem sog. Gesetzgeber stehenden etablierten Parteien und Politiker. Denn sie haben diese Zahlen erst durch die schrittweise Abschaffung des Sozialstaates und der jahrzehntelangen, verfehlten Familien- und Wirtschaftspolitik erst ermöglicht. Anstatt durch die Umsetzung von guten und neuen Ideen zu glänzen, lamentieren sie in den zu Debattierclubs verkommenen Parlamenten um den heißen Brei herum. Aber vermutlich ist ja eine hohe Zahl an ungebildeten Arbeitssklaven zum Erhalt unserer mittlerweile gnadenlos turbokapitalistischen Wirtschaftsordnung erwünscht. Dazu kommt die zu erwartende kürzere Lebensspanne dieser Kinder. Wieder eine zusätzliche Entlastung, nämlich die der Gesundheitssysteme. Sorry für die makaberen und zynischen Worte, aber anders kann es nicht mehr auf den Punkt gebracht werden!
Polemik ist aber die Tatsache, dass ausgerechtnet die Bertelsmannstiftung als eine der Hauptagitatorin bei der Initiierung des SGB II nun urplötzlich ihr „soziales Gewissen“ zu entdecken scheint.
Kinder in Armut in Mülheim – Die „Gegendarstellung“
Wie gemeinhin bekannt und zu erwarten war, stellt die WAZ naturgemäß diese Studie in „Zusammenarbeit“ mit der Stadt Mülheim als so eine Art öffentliche Gegendarstellung in ein anderes Licht. Deswegen können wir es uns nicht verkneifen, den Artikel der WAZ zu zitieren. Der geneigte Leser mag selber entscheiden, wer hier die seriöse Publikation verfasst hat:
Wie die Stadt Mülheim der Kinderarmut begegnet
Eine neue Studie zu den Folgen von Kinderarmut rückt Mülheim in den Blickpunkt. Gegenmaßnahmen greifen vom Babyalter bis zum Berufseinstieg.
Fast 28 Prozent aller unter Sechsjährigen in Mülheim leben in Familien, die Sozialleistungen beziehen, gelten also als „arm“. In Teilen der Stadtmitte oder von Styrum sind es sogar mehr als 50 Prozent. Wie sich dies auf die Entwicklung der Kinder auswirkt, beleuchtet eine neue Studie der Bertelsmann-Stiftung, die in Zusammenarbeit des Bochumer Zentrums für interdisziplinäre Regionalforschung (Zefir) und der Stadt Mülheim entstand.
Sozialdezernent Ulrich Ernst betont: Mülheim wurde nicht deshalb als Untersuchungsgebiet ausgewählt, „weil es hier besonders schlimm ist, sondern weil wir bereits 2006 mit dem ersten Familienbericht begonnen haben, uns intensiv mit diesem Thema zu beschäftigen“. Hinzu kommt eine bewährte Kooperation mit dem Zefir-Institut. Diesmal wurden 4802 Schuleingangsuntersuchungen zwischen 2010 und 2013 ausgewertet.
„Das Ergebnis“, so Ernst, „bestätigt vieles, was wir schon wissen“, die messbare Benachteiligung armutsgefährdeter Kinder, auch in ihrer körperlichen Entwicklung. Die Studie zeige darüber hinaus, welche Maßnahmen nützen, namentlich: Dauer des Kita-Besuchs, Einrichtung von Familienzentren, Einbindung in Sportvereine.
Extrem unausgewogen, das weiß Ernst, ist die soziale Mischung in den Kitas, wenn man verschiedene Mülheimer Stadtteile vergleicht, „aber wir haben Wahlfreiheit der Eltern, und das ist auch gut“. Ziel müsse daher sein, die pädagogische Qualität der Einrichtungen im Sinne größerer Chancengleichheit zu verbessern: „Daran arbeiten wir mit Early Excellence.“
Ingolf Ferner, Leiter des Bereichs Elementarbildung im Jugendamt, nennt weitere Maßnahmen, mit denen man in Mülheim flächendeckend fördern möchte, etwa das Gesundheitsprojekt „Prima Leben“, in dem gesunde Ernährung, Bewegung und Entspannung geübt werden. „Wichtig ist auch, die Kinder in den Vereinssport zu bekommen“, betont Ferner. Dass sich dies auf die gesamte Entwicklung positiv auswirkt, hebt die Bertelsmann-Studie ausdrücklich hervor.
Eine weitere Folgerung der Forscher: Kitas in sozialen Brennpunkten brauchen mehr Geld und Mitarbeiter. „Wir haben keine Mittel für zusätzliches Personal“, erklärt Sozialdezernent Ulrich Ernst, aber schon allein die Blickrichtung der Kitas sei wichtig, hin zu stärkerer Vernetzung: „Die Familienzentren sollen Stützpunkte für Eltern und Kinder sein, auch schon im frühkindlichen Bereich.“
Ziel für Mülheim sei nun, eine wirksame Reihe aufzubauen, von den Familienhebammen bis zum U25-Haus, vom Babyalter bis zum Berufseinstieg.
Fehlende Kita-Plätze sind ein Problem
Wenn in der Bertelsmann-Studie von „Brennpunkt-Kitas“ die Rede ist, dürfte diese dazu gehören: das ev. Familienzentrum „Die kleinen Strolche“ in Styrum. Alexandra Beelen, neue Leiterin der Einrichtung, sagt: „Bei uns lebt ein Großteil der Familien an der Armutsgrenze.“ Sie hat aber auch eine Ahnung, wie man den Kleinen den Schulstart erleichtern könnte, liegt dabei mit den Forschern auf einer Linie: „Je mehr Zeit die Kinder bei uns verbringen, desto bessere Fördermöglichkeiten und Chancen bekommen sie.“ Viele Eltern hätten den Wunsch, ihren Nachwuchs frühstmöglich in die Kita zu geben, auch nicht berufstätige, „die merken, dass sie bildungsmäßig überfordert sind“. Nur stünden nicht genügend U3-Plätze zur Verfügung, so Beelen, „das ist ein Problem“.
Ein anderes: der soziale Mix. Beate Staudinger, Leiterin der Kita „Fidelbär“ am Hans-Böckler-Platz, berichtet immerhin, die Mischung habe sich in letzter Zeit schon verändert, da durch die Aufnahmekriterien oft berufstätige Eltern einen Platz bekommen. Erfreulicher Effekt: „Kinder, die von Hause aus gut Deutsch können, dienen anderen als Vorbild. Das macht Schule.“
Und wenn Freundschaften zwischen Familien entstehen, würden Kinder auch mal mitgenommen zu Aktivitäten, die ihre eigenen Eltern nicht ermöglichen könnten.
Viele Alleinerziehende leben in Armut
Die Studie ergab nebenbei auch: 18,3 Prozent aller untersuchten Mülheimer Vorschulkinder, also nicht nur der „armen“, hat einen eigenen Fernseher im Zimmer. 28,9 Prozent konsumieren täglich mehr als eine Stunde Medien.
16 Prozent aller Vorschulkinder wachsen nur bei der Mutter auf, bei Kindern, die von SGB II leben, sind es 60,4 Prozent. Deutlich wird das Armutsrisiko alleinerziehender Frauen.
Annette Lehmann
Kinder in Armut – Auch in Essen
Hier in Essen sind die Zahlen sogar noch dramatischer als in Mülheim. Denn in Essen ist jedes dritte Kind von Armut betroffen. In einzelnen Stadtteilen betrifft das sogar 2/3 aller Kinder. Einfach unglaublich.
Armer Leute Sache gilt nichts.
Deutsches Sprichwort
Das alles ist den Marionetten der Arbeitgeber alles bekannt ,beschämend ist das sie nichts dagegen unternehmen.
Man könnte meinen das die Armut als abschreckendes Beispiel von Arbeitgebern gewollt ist .
Sie diktieren den Marionetten ( Politikern) Sozialgesetze.
Manager von Autokonzernen wie Herr Dr. Peter Hartz machen Sozialgesetze zusammen mit der Arbeiterpartei SPD und dem ehemaligen Kanzler Herr Gerhard Schröder.
Wie wir alle wissen ist Herr Gerhard Schröder nach Russland übergelaufen um dort seiner Geldgier freien Lauf zu lassen. Er zählt jetzt Rubel bei Gazprom und singt dabei : Kein Linker kein Linker hat soviel Geld wie ich .