Hausverkauf – Was von den Erlösen ist Schonvermögen?
Erträge aus einem Hausverkauf. Damit hatte sich sachlich nüchtern formuliert das LSG Niedersachsen-Bremen in Celle in einem kuriosen Fall zu beschäftigen. Ein Antragsteller hatte nach einem Hausverkauf von dem Erlös einen PKW angeschafft, Schulden zurückgeführt, sein Girokonto ausgeglichen und auf den Philippinen geheiratet und anschließend die Flitterwochen dort in einem Resort-Hotel verbracht. Danach stellte er dann erneut einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV). Dieser wurde jedoch vom zuständigen JobCenter unter dem Verweis auf sozialwidriges Verhalten abgelehnt. Dagegen wehrte sich der Mann vor dem LSG im Rahmen der einstweiligen Anordnung und verlor.
Hausverkauf – Der Beschluss des LSG
Zu diesem kritischen Verhalten des Mannes nach dem Hausverkauf hat das LSG eine ungewöhnlich lange Pressemitteilung veröffentlicht, die zeigt, dass man dem Mann vermutlich zu Recht auch seitens des Gerichtes sozialwidriges Verhalten unterstellt:
Betroffener muss Hilfebedürftigkeit bei SGB II-Bezug nach einem Hausverkauf lückenlos offenlegen
Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat die Gewährung von vorläufigen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) abgelehnt, weil sich das Gericht wegen unzureichender Angaben des Betroffenen kein hinreichend klares Bild über seine Einkommens- und Vermögenssituation verschaffen konnte.
Der Antragsteller ist selbständig tätig und gibt an, in seinem Unternehmen (Verkauf von Tennisartikeln und Besaiten von Tennisschlägern) keinen Gewinn zu erzielen. Erstmals hatte der Antragsteller im August 2013 die Gewährung von Grundsicherungsleistungen beantragt.
Da er zu diesem Zeitpunkt noch Eigentümer eines als Vermögen anzurechnenden Einfamilienhauses war, wurde dieser Antrag abgelehnt. In der Folgezeit verkaufte der Antragsteller das Einfamilienhaus, ließ sich jedoch ein lebenslanges Wohnrecht an der in der ersten Etage gelegenen Zweizimmerwohnung einräumen. Den Kaufpreis in Höhe von 45.500,00 Euro erhielt er in drei Raten im Zeitraum von Dezember 2013 bis Februar 2014.
Im März 2014 beantragte der Antragsteller erneut die Gewährung von Grundsicherungsleistungen. Er gab u.a. an, er habe sich aus dem Erlös des Hausverkaufs ein Auto gekauft, sein Girokonto ausgeglichen und Schulden bezahlt und die Kosten eines Urlaubsaufenthaltes auf den Philippinen bestritten. Er habe auf den Philippinen geheiratet und die Hochzeit sowie die anschließende Hochzeitsreise finanziert. Inzwischen habe er wieder Schulden und stünde mit drei Monatsmieten im Rückstand. Das Jobcenter hat auch den erneuten Leistungsantrag mit der Begründung abgelehnt, dass der Antragsteller nicht hilfebedürftig sei.
Der 11. Senat des LSG hat im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes diese Entscheidung sowie die Entscheidung des Sozialgerichts bestätigt und ausgeführt, dass der Antragsteller die Vortrags- und Beweislast dafür trägt, dass ihm ein einmal zugeflossener Vermögenswert nicht mehr zur Verfügung
stünde. Der Antragsteller habe bezüglich des Hausverkaufs sowie zum Erhalt und Verbrauch des Kaufpreises irreführende sowie unvollständige und widersprüchliche Angaben gemacht, und daher eine Hilfebedürftigkeit nicht plausibel bzw. glaubhaft gemacht. Dementsprechend sei das Jobcenter nicht verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig (d.h. für die Zeit des laufenden Verwaltungs- bzw. Klageverfahrens – sog. Hauptsacheverfahren) Leistungen zu gewähren.Der Senat hat außerdem darauf hingewiesen, dass im Hauptsacheverfahren eine für den Antragsteller positive Entscheidung nur bei hinreichender Mitwirkung seinerseits im Sinne einer lückenlosen Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Betracht komme. Sollte sich hieraus eine Hilfebedürftigkeit ergeben, so sei zu prüfen, ob der Antragsteller diese Hilfebedürftigkeit durch sozialwidriges Verhalten (hier: Verwendung des Hauserlöses für zwei Asienreisen innerhalb weniger Monate; Finanzierung der Flitterwochen in einem Holiday-Resort auf den Philippinen) herbeigeführt und deshalb zum Ersatz der zu gewährenden Leistungen verpflichtet sei.
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen: Beschluss vom 12. Januar 2015 – L 11 AS 1310/14 B ER; veröffentlicht in: www.sozialgerichtsbarkeit.de
Hausverkauf – Das fragwürdige Verhalten
Zunächst einmal scheint es unverständlich, dass der Mann beim ersten Antrag nicht gegen den Ablehnungsbescheid vorgegangen ist. Und stattdessen den Hausverkauf betrieben hat. Es gibt auch beim selbstgenutzten Wohneigentum wertmäßige Freigrenzen im Bereich des sog. Schonvermögens. Da dieses aber abstrakt nach Wohnfläche des Wohneigentums bemessen werden, gibt es regelmäßig gerichtliche Auseinandersetzung über die Verwertung von Immobilieneigentum, wie dem angeführten Hausverkauf.
Was der Mann dann aber allem Anschein nach veranstaltet hat, riecht verdächtig nach sozialwidrigem Verhalten, bzw. vorsätzlicher Herbeiführung der sog. Hilfebedürftigkeit. Mit solchen Aktionen schaden Einzelne der Solidargemeinschaft der SGB II-Leistungsberechtigten. Die dadurch ganz schnell alle über einen Kamm geschert werden. Außerdem geben solche an sich unsinnigen gerichtlichen Auseinandersetzung um einen Hausverkauf im Grundsicherungsbereich; die an die Öffentlichkeit gelangen; immer wieder all Denjenigen die passende Steilvorlage, die in Leistungsberechtigten ohnehin nur asozialen Abschaum sehen, ihre hetzerischen und stigmatisierenden Kampagnen fortzusetzen.
Das beste Beispiel dafür bietet die aktuelle, mediale Berichterstattung über diesen Fall, kaum ein etabliertes Pressemedium stellt den Fall sachlich neutral und unter Ausschluß einer unterschwellig die Öffentlichkeit manipulierende Bewertung dar. Zudem ist davon auszugehen, dass das LSG nicht ohne Hintergedanken die Pressemitteilung zu diesem Fall mit Bezug zu einem Hausverkauf und der daraus resultierenden Verwendung der Erträge veröffentlicht hat. Das war mal wieder ein erhobener Finger(zeig) in Richtung der breiten Öffentlichkeit, dass das LSG Leistungsberechtigte durchaus in „die Schranken verweist, die sie vermeintlich verdienen“. Denn ähnliche Fälle, in denen sich Leistungsberechtigte rechtskonform verhalten, bzw. gerichtlich obsiegt haben, sind nur mit viel Glück in frei zugänglichen juristischen Datenbanken zu finden. Und gelangen so gut wie nie in die Mainstreampresse, um der Öffentlichkeit präsentiert zu werden. Denn dann müsste der Mainstream damit ja auch zugeben, dass Leistungsberechtigte oftmals im Recht sind.
Wir alle haben unsere Sparren, doch sagen tun es nur die Narren.
Der Weise schweigt.Wilhelm Busch (1832 – 1908)