OLG Hamm – Beschluss zu Begleitung (Beistand)

OLG HammOLG Hamm fällt auch für Leistungsberechtigte beachtenswerten Beschluss

Das OLG Hamm hat 02. Februar 2015 einen auch für Leistungsberechtigte wichtigen Beschluss zum Thema Begleitung (Beistand) bei einer ärztlichen Untersuchung gefasst. Da es ja die gängige Praxis der JobCenter ist, vermeintliche Querulanten zu einem psychologischen Untersuchungstermin „vorführen“ zu lassen, haben diese nun die rechtliche Handhabe, zumindest eine Begleitung (einen Beistand) zu so einem Untersuchungstermin mit zu nehmen. Denn der Beschluss ist in Übertragungsdeutung auch für Leistungsberechtigte nach dem SGB II (Hartz IV) zutreffend.

OLG Hamm – Der Leitsatz des Beschlusses

Besonders bedeutend erscheint uns der Leitsatz des Beschlusses des OLG Hamm, den wir daher zuerst wiedergeben wollen:

Einem medizinisch oder psychologisch zu begutachtenden Beteiligten ist bei einem Untersuchungstermin bzw. Explorationsgespräch des Sachverständigen die Anwesenheit einer Begleitperson ohne Äußerungs- bzw. Beteiligungsrecht zu gestatten (Anschluss an OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 1441; LSG Rheinland-Pfalz NJW 2006, 1547).

OLG Hamm – weitere Ausführungen

Das OLG Hamm schafft Rechtsklarheit bei der Frage, ob man bei einer familienpsychologischen oder psychiatrischen Begutachtung durch ein Gericht eine Begleitperson (Beistand) zum Gutachter/Amtsarzt mitnehmen kann.

Das OLG Hamm hat mit seiner Entscheidung vom 03.02.2015 klargestellt, dass ein zu Untersuchender generell bei seiner Untersuchung eine Begleitperson, die während der gesamten Dauer der Untersuchung/Exploration Anwesenheitsrechte hat, mitnehmen darf.

Ausschlaggebend für diese Entscheidung des OLG Hamm ist der Gesichtspunkt, dass ein medizinisch oder psychologisch zu begutachtender Beteiligter ansonsten keine Möglichkeit hätte, sich gegenüber Behauptungen und Wahrnehmungen aber auch Erfindungen des die Untersuchung Durchführenden im Wege des effektiven Rechtsschutzes zu wehren.

Wenn der die Untersuchung Durchführende nach Vorliegen des Gutachtens den Hergang einer Untersuchung oder eines Explorationsgesprächs fälscht und die Unrichtigkeit der Wiedergabe dann nicht ausnahmsweise durch objektive Anhaltspunkte bewiesen werden kann, hat der Untersuchte künftig die Möglichkeit, sich im Wege des Zeugenbeweises erfolgreich gegen ein nachteiliges Gutachtenergebnis zu wehren. Die Hinzuziehung einer Begleitperson hingegen erlaubt es ihm, in diesem Fall mit Aussicht auf Erfolg, einen Zeugenbeweis anzutreten.

Allerdings betont das OLG Hamm, dass die Begleitperson nur Anwesenheitsrechte hat, die Untersuchung, bzw. ihren Verlauf also nicht durch Handlungen oder Äußerungen beeinflussen darf.

Hierzu ist auf die Randnummer 9 des Beschlusses des OLG Hamm zu verweisen:

Nicht zu gestatten ist hingegen einer mitgebrachten Begleitperson, sei es dem anwaltlichen Bevollmächtigten oder einem Privatgutachter, eine Beteiligung an dem Untersuchungsgespräch durch Fragen, Vorhalte oder sonstige Äußerungen. Hierdurch wäre bei einer medizinischen oder psychologischen Untersuchung, anders als z. B. bei einem baurechtlichen Ortstermin, eine erhebliche Störung der Untersuchung und auch Beeinflussung ihres Ergebnisses zu befürchten, wohingegen die Rechte des zu Begutachtenden in diesem Punkt durch die Möglichkeit nachträglicher schriftlicher Stellungnahmen und/oder einer mündlichen Befragung des Sachverständigen im Gerichtstermin hinreichend gewahrt sind.

OLG Hamm – Beschluss ist auch für Leistungsberechtigte wichtig

Sollten Betroffene die Situation erleben, dass ihnen bei einem Untersuchungstermin eine Begleitung (ein Beistand) verwehrt wird, so können sie unter Berufung auf diesen Beschluss des OLG Hamm ihr gutes Recht durchsetzen. Da der Beschluss des OLG Hamm für unanfechtbar gestellt wurde, müssen ihn auch die JobCenter, Arbeitsagenturen und Amtsärzte akzeptieren.

Wer trotzdem Probleme hat, sein Recht durchzusetzen, kann sich gerne an eine unseren offen und freien Rechtsberatungen wenden. Dort wird man ihm kompetent weiterhelfen.

Man sollte niemals zu einem Arzt gehen, ohne zu wissen, was dessen Lieblingsdiagnose ist.
Henry Fielding (1707-54), engl. Schriftsteller u. Humorist

Tagged , , , , , , , , .Speichere in deinen Favoriten diesen permalink.

6 Antworten zu OLG Hamm – Beschluss zu Begleitung (Beistand)

  1. Tatana Kasnickova sagt:

    Guten Tag, ich wohne in Bayern und muss zu einem GA für Psychologie /Psychiatrie so hat es LG Augsburg entschieden in ZPO.

    Aber GA hat Begleitperson abgelehnt. Kann ich vom Beschluss OLG Hamm vom 02/2015 auch in Bayern Gebrauch machen ?

    Danke für Ihre Hilfe.

    MFG TK

    • BG45-Webmaster sagt:

      Hallo Tatana,

      leider bin ich kein Jurist und kann daher ihre Anfrage nicht beantworten. Meines Wissens gilt der Beschluß eines Oberlandesgericht nur innerhalb eines Bundeslandes. Er kann eine gewisse Signalwirkung auf die Landesgerichte anderer Bundesländer haben, aber diese sind in ihrer Entscheidung frei und können in einem vergleichbaren Fall ganz anders entscheiden. Die Sache sehe anders aus, wenn dieser Beschluß von einem Bundesgericht entschieden worden wäre.

      Mein Tipp: Suchen sie sich einen entsprechenden Rechtsbeistand in Form eines Fachanwalts, dann sind sie auf der sicheren Seite.

      Mit freundlichen Grüßen
      BG45-Webmaster

  2. Angelika Scheifgen sagt:

    Guten Tag hab da eine Frage gilt das Recht auf Begleitperson auch bei einem Gesprächstermon bei der Rente zum Wiedereingliederung/sehen was man noch arbeiten kann.
    Die Dame von der Rente hat gesagt verboten nur unter vier Augen.

    • Maria Klein sagt:

      Hallo Angelika, Sie haben immer das Recht eine Begleitperson dabei zu haben. Die Dame der Rentenversicherung sollte das wissen, wenn nicht sprechen Sie doch mal dem Vorgesetzten. Die wissen das ganz genau, es wir nur den Menschen nicht gesagt. Genauso haben Sie ein Recht auf Akteneinsicht, wenn Sie das wollen.

  3. Hallo,
    ich hatte heute einen Termin bei einem Gutachter für eine amtsärztliche Untersuchung, initiiert vom Sozialgericht. Mein Beistand durfte angeblich nicht bei dem Gespräch anwesend sein, wegen Datenschutz. Das verwirrt mich jedoch, da ich ja die Betroffene bin und ich möchte, dass der Beistand dabei ist und es sich ja um ‚meine‘ Daten handelt. Der Gutachter hat daraufhin (sehr unfreundlich) bei Gericht angerufen und der Richter hat angeblich gesagt, dass der Beistand keine Berechtigung hätte.
    Wir mussten dann wieder gehen.
    Gibt es einen Rechtsanspruch auf einen Beistand, wenn ich als Betroffene das will?

  4. Michael Franke sagt:

    Guten Morgen, ich habe einen Termin zu einer amtsärztlichen Untersuchung zur Feuerwehrdiensttauglichkeit ( bin Kommunalbeamter )!! Ist der Beamte gem. GG anders zu bewerten ?? >> dann verstehe ich den Gleicheitsgrundsatz nicht.