Eingliederungsvereinbarung – wegweisender Beschluss
Bereits im vergangenen Jahr hat das SG Stuttgart einen wegweisenden Beschluss zum Thema den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt gefasst, der auch in den einschlägigen Rechtsportalen bisher kaum Eingang gefunden hat.
Eigentlich unverständlich, denn dieser Beschluss stellt eine deutliche Präzisierung des BSG-Urteils B 14 AS 195/11 R vom 14.02.13 (wir berichteten) dar. Und gibt Auskunft darüber, wie es auszulegen sein kann. Auch ist er ein Indiz dafür, dass die Sozialgerichte anfangen, dass das weiter oben angeführte BSG-Urteil anzuerkennen.
Es handelt sich zwar um einen erstinstanzlichen Beschluss, der lediglich als Argumentationshilfe in anderen Verfahren anzusehen ist. Dennoch enthält er eine grundsätzliche Feststellung, die wir für wichtig erachten. Wir haben sie entsprechend hervorgehoben im folgenden Text markiert.
Eingliederungsvereinbarung – Der Beschluss im Detail
Da das SG Stuttgart wirklich gut verständliche Presseerklärungen herausgibt, wollen wir die angesprochene Pressemitteilung der Einfachheit halber wie gewohnt anführen:
9. Es kann nur eine Eingliederungsvereinbarung zulässig durch Verwaltungsakt ersetzt werden, über die zuvor mit dem Leistungsberechtigten verhandelt worden ist. Der Erlass eines eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes mit einem von der verhandelten Eingliederungsvereinbarung abweichenden Inhalt ist rechtswidrig (Beschluss vom 21.05.2014, S 18 AS 2698/14 ER).
Das Jobcenter hatte der Antragstellerin den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung angeboten, in welcher als Ziele die Abklärung der gesundheitlichen Situation und des Umfangs der Erwerbsfähigkeit bis zum 30.06.2014 sowie der Stabilisierung der Selbständigkeit genannt wurden. Nachdem die Antragstellerin Einwendungen geltend machte und die Eingliederungsvereinbarung nicht unterschrieb, erließ das Jobcenter eine Eingliederungsvereinbarung mit dem Inhalt der angebotenen Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt. Auf den Widerspruch der Antragstellerin hob das Jobcenter den Verwaltungsakt und erließ zugleich einen neuen Eingliederungsverwaltungsakt mit dem Ziel der Beendigung der Selbständigkeit als Integrationsstrategie im Haupterwerb zum 31.07.2014 und Änderung der Integrationsstrategie ab 01.08.2014 sowie Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit. Die Antragstellerin hat sich mit dem Begehren der Anordnung der aufschiebenden Wirkung an das Sozialgericht gewandt.
Die Kammer hat dem Antrag stattgegeben, da die Ersetzung einer Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt schon dem Wortlaut des § 15 SGB II nach nur in Betracht komme, wenn zuvor versucht worden sei, die Eingliederungsvereinbarung mit dem Leistungsberechtigten abzuschließen. Erst wenn entsprechende Verhandlungen gescheitert seien, dürften die Regelungen der angebotenen Eingliederungsvereinbarung im Rahmen eines Verwaltungsakt ersetzt werden. Der Verwaltungsakt im vorliegenden Fall verfolge gegenüber der vorher angebotenen Eingliederungsvereinbarung die genau entgegengesetzten Ziele, worüber mit der Antragstellerin zuvor nicht gesprochen bzw. verhandelt worden sei. Die Kammer hat das Verhandlungserfordernis danach nicht als erfüllt angesehen. Durch Verwaltungsakt dürfe nach dem Gesetzeswortlaut nur „die“ Eingliederungsvereinbarung und nicht „irgendeine“ Eingliederungsvereinbarung ersetzt werden.
Eingliederungsvereinbarung – Weitere Fragen
Diese können Ratsuchenden gerne in einer unserer offenen und kostenfreien Rechtsberatungen beantwortet werden.
Der Funke der Gerechtigkeit wird erst zur Flamme entfacht, wenn die Ungerechtigkeit glaubt, ihn ersticken zu können.
Wilhelm Vogel (19./20. Jh.), deutscher Aphoristiker