Erster Teilerfolg des gesetzlichen Mindestlohnes?
Heute tickert es durch die virtuelle Medienlandschaft. Die Bundesagentur für Arbeit vermeldet den ersten Teilerfolg des gesetzlichen Mindestlohns. Nach Angaben des BA-Vorstandsmitgliedes Heinrich Alt erwartet die BA aufgrund von vorläufigen Berechnungen für 2015 Minderausgaben bei alleinstehenden, vollzeitbeschäftigten Aufstockern zwischen 600 und 900 Mio. €.
Allerdings sollte man den durch die BA regelrecht bejubelten ersten Teilerfolg des gesetzlichen Mindestlohns nicht überbewerten und ihn gezielt hinterfragen.
Teilerfolg – Die Pressemeldung der BA
Zur Einführung in die Materie zitieren wir wie gewohnt erst einmal die Pressemitteilung zu diesem Teilerfolg:
Millionen-Einsparungen durch den Mindestlohn, das erwartet die Bundesagentur in den kommenden Jahren. Allein bei alleinlebenden Hartz IV-Empfängern gebe es ein Einsparungspotenzial von bis zu 900 Millionen Euro.
Nürnberg – Die Bundesagentur für Arbeit (BA) erwartet als Folge der neuen Mindestlohnregelung Einsparungen in dreistelliger Millionenhöhe. Nach vorläufigen Berechnungen sei bei den Ausgaben für alleinlebende Hartz IV-Empfänger mit einer Vollzeitstelle jährlich mit 600 Millionen bis 900 Millionen Euro weniger zu rechnen, sagte BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt am Donnerstag in Nürnberg. Diese Gruppe der sogenannten Aufstocker benötige künftig deutlich weniger Arbeitslosengeld II zusätzlich zu ihrem Lohn.
Weitere Auswirkungen des zu Jahresbeginn eingeführten Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde erwartet Alt nicht. Zwar sei es für eine erste Bilanz noch zu früh, betonte er. „Aber eines kann man schon jetzt sagen: Für die Horrorprognosen des Münchner Ifo-Instituts, das mit dem Mindestlohn eine Million Arbeitsplätze verloren gehen, gibt es bislang keine Hinweise.“
Diese Pressemitteilung stellt tatsächlichen einen ersten Teilerfolg des gesetzlichen Mindestlohnes dar. Denn sie gibt den vielen Kritikern des Mindestlohns Unrecht, die himmelschreiend vor lauter Verzweiflung ausgerufen hatten, dass der gesetzliche Mindestlohn massiv Arbeitsplätze vernichten würde.
Dennoch ist die Meldung mit etwas Vorsicht zu genießen. Die Zahlen, die Herr Alt in den Raum stellt, sagen nichts darüber hinaus, wie gut sich die Lebensverhältnisse der einzelnen Personen in der angesprochen Leistungsbeziehergruppe tatsächlich verbessern werden. Denn es ist nicht auszuschließen, dass etliche Personen dieser Gruppe nur durch eine Umschichtung der Sozialleistung dem Teufelskreis der SGB II-Leistungen entrinnen werden. Konkret, es dürfte genug Fälle geben, in denen Personen ihr trotz Mindestlohn gestiegenes Erwerbseinkommen mit Wohngeld „aufstocken“ müssen. Das kann dann keinesfalls als Teilerfolg gewertet werden.
Wir haben über das Portal brutto-netto-rechner.info mal eine Brutto-Netto-Rechnung durchgeführt. Kriterien: Alleinstehend, ohne Kinder, 50 Jahre, Zusatzbeitrag KV 0,8%, 160 Stunden Arbeitszeit, reiner gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 €/Std. Ergibt brutto 1.360 €. Daraus ergibt sich bei den vorgenannten Kriterien ein Nettolohn in Höhe von 937,15 €. Damit befindet man sich je nach Region keinesfalls in einem Einkommensbereich, der ohne Wohngeldbezug eine halbwegs normale Lebensführung zulässt.
Teilerfolg – Skepsis ist angebracht
Selbst Herr Alt formuliert es vorsichtig, in dem sagt, „diese Gruppe der sogenannten Aufstocker benötige künftig deutlich weniger Arbeitslosengeld II zusätzlich zu ihrem Lohn.„. Damit gibt er zu, dass der gesetzliche Mindestlohn keinesfalls eine Garantie dafür ist, dem Stigma des SGB II-Leistungsbezuges zu entkommen.
Teilerfolg oder nicht? Was denken unsere Leser dazu?
Der Sinn des Lebens besteht nicht darin ein erfolgreicher Mensch zu sein, sondern ein wertvoller.
Albert Einstein (1879-1955)