Zwei in eins und beide wichtig. Neue Wohnkosten und vorläufige Entscheidung

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Beratungssuchende,

heute ein Beitrag der es in sich hat, denn beide angesprochenen Themen können für Betroffene (aka Leistungsberechtigte beim JobCenter) über viel Geld entscheiden. Zum Einen geht es um die neuen Mietobergrenzen der Stadt Essen ab dem 01.09.2020 – wirklich erst ab dem 1.9.? Schau`n wir mal! Zum Anderen um ein spezielles aber heftiges Problem bei vorläufigen Bewilligungen und endgültiger Festsetzung mit Erstattungsforderungen.

  1. Die neuen MietobergrenzenAb dem 1.9.2020 möchte die Stadt Essen die Brutto-Kaltmiete, also Grundmiete und Nebenkosten zusammen – Heizung kommt obendrauf – wie folgt bei der Leistungsgewährung berücksichtigen:
    Angemessene Kosten der Unterkunft (KdU)
    – maximale Bruttokaltmiete – (1)
    Haushaltsgrößeab dem 01.03.2020ab dem 01.09.2020
    1 Person361,00 Euro410,00 Euro
    2 Personen458,90 Euro516,75 Euro
    3 Personen564,80 Euro641,60 Euro
    4 Personen681,15 Euro773,30 Euro
    5 Personen811,80 Euro916,30 Euro
    6 Personen897,60 Euro1.006,80 Euro
    7 Personen993,20 Euro1.090,70 Euro
    8 Personen1.083,60 Euro1.156,40 Euro
    9 Personen1.170,00 Euro1.192,50 Euro
    jede weitere Person78,00 Euro79,50 Euro

    Wenn Ihre Miete unter diese Beträge gekürzt wird, bietet sich – auch und gerade bei einem vorangegangenem Umzug ohne „Genehmigung“ ein Besuch in einer meiner Beratungsstellen auf jeden Fall an, sobald Sie einen neuen Bescheid erhalten. Aber auch wenn, bei zuvor gekürzter Miete die Anpassung erst zum 1.9.20 erfolgt, lade ich Sie herzlich ein, vorbei zu kommen. Die Stadt Essen könnte mit ihrer Vorgehensweise, erst zum 1.9. zu erhöhen, nämlich ein Problem haben und Ihnen könnte ein recht ordentlicher Nachzahlungsanspruch zustehen. Kurz angerissen: Eine Begrenzung der Miete erfordert rechtlich ein „schlüssiges Konzept“. Heißt: Die müssen vernünftig erklären können, was und warum Sie kürzen. Erklärung war im Kern immer der qualifizierte Essener Mietspiegel, der aber nur bis zum 29.2.2020 gültig war. Danach hätte die Stadt Essen einen neuen Mietspiegel vorlegen müssen. Damit hat die Stadt aber bis in den August hinein getrödelt. Scheint nicht OK. Macht schon für eine Einzelperson Nachzahlungen von bis zu 294,00 EUR, bei mehr Personen mehr, wenn denn Widersprüche erfolgreich sind. Mehr dazu gerne in der Beratung.

     

  2. Endgültige Festsetzung und Erstattung für Zeiträume ab März bis Juni 2020Gewisse Erleichterungen hat Corona für Leistungsberechtigte gebracht. Finanziell besonders wichtig sind die Auswirkungen einer vorläufigen Bewilligung für Leistungszeiträume die ab März 2020 bis Juni 2020 begonnen haben. Normalerweise wird nach einer vorläufigen Bewilligung am Ende abgerechnet. Nach dem Ende des vorläufigen Bewilligungszeitraums gibt es eine endgültige Festsetzung und dann eine Nachzahlung des JobCenters oder eine Rückforderung. Aufgrund von Corona gibt es einige Änderungen, die heftigste finanzielle Auswirkungen haben können. Das Wichtigste vorweg: Wenn Ihr vorläufiger Bewilligungszeitraum zu März, April, Mai oder Juni 2020 begonnen hatte, beantragen Sie nur dann eine endgültige Festsetzung, wenn Sie absolut, 100prozentig, sicher sind, das Ihnen noch eine Nachzahlung zu steht. Wenn nicht: Lassen Sie den Antrag erstmal sein. Dafür ist ggf. nach Beratung noch Zeit. Ein Fehler kann hier teuer sein.Sollte ein „Endgültiger Festsetzungs- und Erstattungsbescheid“ bei Ihnen eintreffen, der von Ihnen eine Erstattung insbesondere für Zeiträume ab März 2020 fordert, rate ich Ihnen dringend an, eine der Beratungsstellen unter www.hartz4.nrw aufzusuchen. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit kann man da was retten, im Übrigen ist die Beratung kostenlos. Es gilt die nur einmonatige Widerspruchsfrist zu beachten, früher kommen kann günstig sein.

Es wäre schade, die wenigen Erleichterungen, die Ihnen wegen Corona gewährt werden, ungenutzt liegen zu lassen. Falls Sie Lust haben freue ich mich auf Ihren Besuch … und merke an: Auch außerhalb der genannten Probleme sind bis zu 50% der JobCenter Bescheide rechtswidrig. Nur mal so.

 

Carsten Dams
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

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