Ralph Boes – Ein Mensch setzt sich zur Wehr

Seit dem 4. Dezember 2012 dürfte der Name Ralph Boes bundesweit eine gewisse Bekanntheit erlangt haben

Zur vorgerückter Stunde war er, neben Frau Heidi Ralfs, Frau Gisela Muth, Frau Katja Kipping, Herrn Markus Söder und Herrn Heinrich Alt, Gast bei Menschen bei Maischberger. Der Auftritt von Herrn Boes dürfte die Meinungen derjenigen, die die Sendung verfolgt haben, spalten. Die einem sehen ihn ihm den Sozialschmarotzer schlechthin und damit das personifizierte Böse. Die anderen einen Menschen, der sich aktiv und öffentlich gegen Hartz IV einsetzt und für das bedingungslose Grundeinkommen. Wie kommt es zu der unterschiedlichen Wahrnehmung?

Nun, Herr Boes ist Bezieher von Leistung nach ALG II, auch als Hartz IV bekannt. Er nimmt für sich in Anspruch, die Arbeit zu leisten, die ihm sinnvoll erscheint und jede unsinnige Arbeit abzulehnen. Das erzürnt zum Teil erheblich die Gemüter. Da nimmt doch tatsächlich jemand, innerhalb unserer neoliberalistischen Gesellschaft, für sich die Artikel 2 – Freie Entfaltung der Persönlichkeit, Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit der Person – und Artikel 12 – Berufsfreiheit – in Anspruch. Und das ohne selber einer Erwerbsarbeit nachzugehen. Stattdessen liegt er dem Staat auf der Tasche. Andere sehen in ihm einen streitbaren Menschen, der stellvertretend für viele, die von Hartz IV betroffen sind, den Kampf aufnimmt. Der denen eine Stimme gibt, die selber keine (mehr) haben. Doch wie kam es dazu?

Im Jahr 2006 gründet Ralph Boes zusammen mit drei Studenten in Berlin die Bürgerinitiative bedingungsloses Grundeinkommen e.V. (BbG). Die Idee dazu kam ihm, nachdem er einen Vortrag von Herrn Prof. Götz W. Werner zum bedingungslosem Grundeinkommen hörte. Herr Prof. Götz W. Werner ist Gründer und Aufsichtsratsmitglied des Unternehmens dm-drogerie markt, dessen Geschäftsführer er 35 Jahre lang war. Dieser sieht in dem bedingungslosen Grundeinkommen ein wirtschaftliches Bürgerrecht, welches den einzelnen Menschen auf bescheidenen aber tragfähigen Niveau das Leben sichert. Die dafür nötige Einkommenshöhe wird jedem Menschen bedingungslos zur Verfügung gestellt: Unternimm die Zukunft. Zu der Zeit bezieht Ralph Boes, der vorher als Manager einer Berliner Seniorenresidenz tätig war, bereits Hartz IV. Er kennt die Sorgen und Nöte der Menschen, die der Hartzmaschinerie ausgesetzt sind, aus erster Hand. Für ihn ist die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens der Weg in die richtige Richtung. Als einer der Referenten der BbG trägt Ralph Boes diese Vorstellungen all jenen vor, die sich über das bedingungslose Grundeinkommen informieren wollen. Dabei folgt er in weiten Teilen den Vorstellungen von Herrn Prof. Götz W. Werner. Seine Vorträge hält er ehrenamtlich, da die meisten Menschen und Gruppierungen, die ihn einladen, schon Probleme haben, seine Fahrtkosten abzudecken. Für ihn ist die Sache wichtiger, als sein persönlicher finanzieller Vorteil. Dafür nimmt er auch mögliche Scherereien mit seinem JobCenter in Kauf.

Seine persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema Hartz IV gipfelt aber nicht allein in seinem Engagement für das bedingungslose Grundeinkommen. Er reibt sich an dem SGB II. Insbesondere der § 31, in dem die Sanktionen geregelt sind, stößt ihm auf. Und sein Gefühl gibt ihm recht. Einem direkten Vergleich mit dem Grundgesetz hält das SGB II nicht stand. Dies ist die Geburtsstunde seines Kampfes, Hartz IV wieder in das Grundgesetz zu stellen, der mit dem Brandbrief beginnt. Am 24. Juni 2011 wird das Schriftstück mit dem Titel Die Würde des Menschen ist unantastbar! Brandbrief eines entschiedenen Bürgers im Rahmen einer öffentlichen Aktion zu den Poststellen des Bundespräsidenten, der Bundeskanzlerin und der Arbeitsministerin gebracht. Den Brandbrief selber und alles weitere zu den Aktionen von Ralph Boes findet man auf seiner Seite Grundrechte-Brandbrief. Herr Boes setzt seine, im Brandbrief erwähnte, Vorgehensweise konsequent um. Er will sich zum Angriffspunkt aller Sanktionen machen, um so den Klageweg nach
Karlsruhe zum Bundesverfassungsgericht einschlagen zu können.

Lange Zeit wird er vom Jobcenter ignoriert. Erst nachdem er sich, neben anderen Aktionen, mehrfach selber beim Jobcenter anzeigt und auf seine Regelverstöße aufmerksam macht, kommt es zu einer Sanktion von 30%. Der schließen sich, in kurzer Folge, zwei weitere Sanktionen in gleicher Höhe an. Da Einzelsanktionen addiert werden, wenn sich ihre zeitlichen Abläufe überschneiden, wird Herr Boes somit insgesamt mit einer 90%tigen Sanktion belegt. Statt 374,00 Euro stehen ihm jetzt nur noch 37,40 Euro für einen Monat zur Verfügung. Dieses Geld reicht nicht mehr, um sich davon Nahrungsmittel kaufen zu können. Zwar könnte er Lebensmittelgutscheine beantragen, doch dies lehnt Ralph Boes kategorisch ab. Zum einem sind Lebensmittelgutscheine eine Kann-Leistung. Es ist also nicht garantiert, das man sie bekommt und man muss jedes Mal, wenn man wieder welche benötigt, um sie im Amt betteln. Dazu muss man ausgerechnet bei der Person vorsprechen, die die Sanktionen verhängt hat und der man deswegen nicht unbedingt das größte Vertrauen entgegen bringt. Wenn man dann die Gutscheine hat, muss man mit diesem im Lebensmittelgeschäft bezahlen. Sprich, man outet sich gezwungenermaßen in aller Öffentlichkeit als Bezieher von Hartz IV. Dazu kommt, das diese Gutscheine in den Geschäften nicht gerne gesehen werden, da sich die Jobcenter mit der Überweisung des Geldes an den Lebensmittelgeschäft gerne etwas Zeit lassen. Das Alles ist aus der Sicht von Ralph Boes für die Betroffenen höchst stigmatisierend und demütigend, weswegen diese Lebensmittelgutscheine für ihn nicht in Frage kommen.

Konsequent, wie er ist, setzt er sich den sich daraus ergebenen Folgen aus. Er hungert. Wohlgemerkt, der Sanktionshunger
(wie Ralph Boes es nennt) ist kein Hungerstreik. Bei einem Hungerstreik hätte man eigentlich genug zu essen.
Man verweigert nur die Nahrungsaufnahme, um damit irgendein Anliegen durchzusetzen. Ralph Boes hungert, weil er sich schlicht und einfach nichts zu essen kaufen kann. Dies tut er öffentlich. Nach relativ kurzer Zeit werden die verschiedensten Zeitungen auf  ihn aufmerksam und berichten, mit unterschiedlichem Tenor, über sein Sanktionshungern. Die mediale Aufmerksamkeit gipfelt in der eingangs erwähnten Sendung von Frau Maischberger. Zu dem Zeitpunkt sind bereits zwei der drei Sanktionen, wegen Formfehler, wieder aufgehoben.
Ralph Boes isst wieder. Aber sein Kampf geht weiter. Wie er selber sagt: „Es wird höchst spannend.“

VK

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5 Antworten zu Ralph Boes – Ein Mensch setzt sich zur Wehr

  1. @Der ARGE-Schreck sagt:

    Nun, er übernimmt jetzt die Rolle des Abgeordneten, der eigentlich als Verfechter und Wahrer unserer Demokratie auf der ganzen Linie versagt hat.

    In einem Parteienstaat (Oligarchie) wie dem unseren herrschen führerähnliche Strukturen, wo ausschließlich Parteiführer die Richtungskompetenz unserer Politik angeben. Der Volksvertreter hat sich nur noch als Statist zu bewähren, falls ihm sein gutes Einkommen (Diäten) lieb und heilig ist.

    Beispiel:

    Nach Verabschiedung des SGB II (u.a. Agenda 2010) kannten ca. 80% der interviewten Bundestagsabgeordneten den Inhalt dieses Teufelswerks noch nicht einmal. Die Frage lautet demnach, wieso sollte er sich grundsätzlich mit Gesetzesvorhaben auseinandersetzen, wenn ihm im Wesentlichen die Richtung vorgegeben wird?

    Das zeigt aber auch deutlich wie verfassungsfeindliche Gesetze auf Initiativen einer wirklichen Oppositionspartei mühselig vom Bundesverfassungsgericht oder von den untergeordneten Gerichten auf Verfassungskonformität überprüft und korrigiert werden müssen.

    Dieser Zivilcourage, diese Arbeit von Ralph Boes sollte uns unschätzbar viel wert sein und ist mit Steuergeldern nicht aufzuwiegen. Wie gesagt, die Herrschaftsclique hat sich vom gemeinen Bürger längst verabschiedet. Sie gehorcht der Finanzhoheit und die ist alles andere als demokratisch. Wir sind längst zu Untertanen degradiert worden. Den freien Bürger gibt es nicht mehr. Folge dessen gibt es auch keine Demokratie mehr.

  2. Realist sagt:

    Hier ist ein interessantes Video über die Aktion von Ralph Boes:

    http://www.youtube.com/watch?v=gFdT7ehfdcQ

  3. Merkel sagt:

    Leider gibt es viel zu wenig Politiker, die BOES sind. Deshalb leben WIR In einer geldgesteuerten Scheindemokratie. Hier steht das Finanzsystem über dem Recht (Rico Albrecht http://www.wissensmanufaktur.net/freiheit-geldsystem)

    Bankenbetrug ist ein Hauptgrund für „unsere“ kannibalische Weltordnung. http://www.aachener-nachrichten.de/mobile/news/politik/wir-leben-in-einer-kannibalischen-weltordnung-1.460095

    http://www.geolitico.de/2012/12/03/wirtschaftsanwalt-im-schuldenstreik-gegen-banken-und-staat/

    Irving Fisher*1867 †1947 US-Ökonom:
    „Unser nationales Umlaufmedium hängt vollkommen von der Kreditvergabe der Banken ab, die selbst kein Geld verleihen sondern Versprechen Geld zu liefern über das sie nicht verfügen.“
    Der €uro hat denselben Zweck wie der Dollar.
    Er ist privates Falschgeld, ein bunt bedrucktes Stück Papier auf Basis von Glaubenswerten.
    Wenn wir zusammenhalten, sind wir eine Macht. Getrennt sind wir nichts als Sklaven der Banken!: http://www.youtube.com/watch?v=xakNmcQF8Ks

    Deshalb brauchen WIR (in Deutschland, Europa,… weltweit) Fließendes Geld http://www.lust-auf-neues-geld.de/ , ein Soziales Bodenrecht, ein BGE http://wir-sind-boes.de/ und eine Freie Presse.

    Der boese Ralph ist ein aktiver Demokrat, der von den vielen bildzeitungsverblödeteten Kleingeistern als Schmarotzer bezeichnet wird. Dabei unterscheidet sich sein aufopferungsvolles Wirken sehr wohltuend von der leyenhaften Wulfferei, vom Schmarotzertum und von der amtseidverletzenden Tätigkeit vieler Politdarsteller.

    Ralph Boes: (http://www.youtube.com/watch?v=U0_Sjn6QKZo) „Über der Welt liegt der erdrückende Schatten eines außer Kontrolle geratenen, unverantwortlich agierenden Geldsystems. Eine Modernisierung des Geld- und Kreditsystems durch eine Vollgeldreform, wie von der Monetative angestrebt, würde hier nützlich und hilfreich sein. Sie wäre außerdem ein smarter Weg zur Entschuldung des Staates, und zu einer Geldschöpfung, die als Geschenk – und nicht als Schuld – in die Welt kommt.“

    • Helmut sagt:

      Es ist verkürzt, wenn man nur die Banken und die Kredite und Zinsen für die kapitalistische Weltordnung verantwortlich macht. Die Probleme beginnen ja nicht dort, wo die Bank Geld erfindet (Geld schöpft). Auch das „echte“ Geld, das also einen Wert wie ein Stück Gold oder eine Fabrik repräsentiert zwingt die Menschen bereits dazu, mehr zu arbeiten als sie müssten, um die gesellschaftlichen Bedürfnisse zu befriedigen. Diese unbezahlte Mehrarbeit ist dann Profit. Ob sich der (Real-)Kapitalist diesen Profit nun alleine einsteckt oder ihn durch Zinszahlungen noch mit einer Bank teilen muss, ändert für den Arbeiter nichts. Er wird zu so viel Mehrarbeit gepresst, wie es das soziale Kräfteverhältnis zulässt. Das Hartz4-System mit seinen Sanktionen und Schikanen erhöht den Druck auf die Menschen und sorgt absichtlich dafür, dass sie in existenziellen Not geraten, wenn sie nicht jede Arbeit ausführen. Dieses geschieht zum Wohle des Profits und im Auftrag des Kapitals.
      Banken haben daran ein eben so großes Interesse wie andere Kapitalisten etwa Firmen die Regenschirme oder Toastbrot herstellen. Nur die Banken anzugreifen ist nicht die Lösung.

  4. In der Arbeitsagentur wird doch nur noch gelogen.Hier ein Beispiel: Da zeigt man sich begeistert, dass 8.000 Besucher an einem Freitag (26.10.12) am Nachmittag innerhalb von nur 6 Stunden (12:00-18:00Uhr) die Arbeitsmarktmesse “Nur H(i)er” in Rostock Warnemünde besucht haben und die Zeitungen sind voll davon, dass die Arbeitsagentur begeistert war. Dabei wurden tausende per Einladung mit Rechtsbehelf dorthin bestellt. Eine Anfrage nach dem IFG zeigt eindeutig, das diese Veranstaltung inzeniert war. Selbst die Antwort aus Rostock ist an Dummheit nicht zu toppen, denn indirekt wird nicht nur zugegeben, das vermutlich die meisten “Besucher”, als Kunden der Agentur für Arbeit dort zwangsweise einbestellt wurden, sondern es wird sogar mitgeteilt, das es “Auswertungen” gegeben hat, mit den Nichtteilnehmer, die eine Einladung erhalten haben.
    Die Antwort aus der Arbeitsagentur Rostock finden Sie hier: